Text von Constanze Pfeiffer

Nur gemeinsam stark

Medizinische Expertise in der Robotikforschung

Die Robotik spielt auch in der Medizin eine immer grössere Rolle. Bei komplexen Eingriffen kann es vorteilhaft sein, Knochen nicht von Hand, sondern präzise mit einem robotergesteuerten Laser zu schneiden. Wie muss man sich das vorstellen? Wie arbeiten Wissenschaft und Medizin hierbei konkret zusammen? Welche Erfahrungen gibt es bereits am USB?

Von links: Prof. Georg Rauter (DBE), Prof. Niklaus Friederich(USB) und Doktorandin Manuela Eugster (DBE) am minimalinvasiven Medizinroboter.

Von links: Prof. Georg Rauter (DBE), Prof. Niklaus Friederich(USB) und Doktorandin Manuela Eugster (DBE) am minimalinvasiven Medizinroboter.

An der Universität Basel forschen Prof. Dr.-Ing. Georg Rauter und sein Team vom BIROMED-Lab (Bio-Inspired RObots for MEDicine-Lab) derzeit an einem minimalinvasiven Medizinroboter. Entstehen soll ein Wunder, wie der Titel des von der Werner-Siemens-Stiftung finanzierten Projekts suggeriert: «MIRACLE» (Minimally Invasive Robot-Assisted Computer-guided LaserosteotomE; engl. «Wunder»). Schauplatz ist das vom Universitätsspital Basel (USB) und der Universität Basel getragene Department of Biomedical Engineering (DBE). In Zusammenarbeit mit drei anderen Teams entsteht hier ein Roboterendoskop, das Knochen minimalinvasiv mithilfe eines Lasers schneiden kann – mit Schnitttiefenkontrolle, Gewebeunterscheidung und viel präziser, als dies ein Mensch könnte. Dies würde, etwa beim biologischen Knorpelersatz oder bei der Implantierung von Teil-Prothesen am Kniegelenk, zu einer deutlich schnelleren Heilung führen und so Patientinnen und Patienten unmittelbar nützen. Daher arbeiten Rauter, seine Kollegen und ein Team von Postdocs, wissenschaftlichen Mitarbeitenden und zahlreichen Master Studierenden intensiv an den verschiedenen Komponenten, die für ein solches Roboterendoskop benötigt werden.

Tests haben gezeigt, dass Laserschnitte kaum von Hand ausgeführt werden können. Deshalb muss das System von einem Roboter synchronisiert und gesteuert werden. Die Endoskopspitze ist dabei zentral. Während der OP soll sie über eine robotische Bedienerkonsole von den Chirurgen und Chirurginnen durch eine kleine Körperöffnung eingeführt und zu der zu operierenden Stelle gesteuert werden können. Das flexible Endoskop läuft dann durch den Körper, «saugt» sich am Zielort fest und beginnt dort – kontrolliert vom Operateur – die Schnitte auszuführen. Die grösste Herausforderung für die Forschenden ist es dabei, bereits bestehende Technologien derart zu verkleinern, dass der Laser samt Kamera, Kühlung, Absaugvorrichtung und weiteren Instrumenten in die kleine und bewegliche Endoskopspitze passt.

Enge Zusammenarbeit mit dem USB

Manuela Eugster, Doktorandin im BIROMED-Lab, hat massgeblich an der Entwicklung dieser Endoskopspitze mitgewirkt. Sie betont, dass dieses komplexe System ohne die Hilfe und Praxiserfahrung aus der Chirurgie niemals hätte entwickelt werden können. Dabei kommt die enge Zusammenarbeit zwischen dem DBE und dem USB zum Tragen. So wird das MIRACLE-Projekt von mehreren Ärzten aus der Orthopädie und der Neurochirurgie eng begleitet. Einer von ihnen ist Prof. Niklaus Friederich, Leitender Arzt Orthopädie und Traumatologie/Knie am USB. Er berät die Forschungsgruppenleiter und unterstützt zudem als Zweitbetreuer mehrere Doktorierende in ihren Forschungsprojekten, unter ihnen auch Manuela Eugster. Sie fasst ihre Erfahrungen sehr positiv zusammen: «Dank der engen Zusammenarbeit wird sichergestellt, dass wir etwas entwickeln, was in der Realität auch verwendbar ist und einen Mehrwert für die Medizin und die Patienten generiert. Niklaus Friederich ermöglicht es mir zum Beispiel, wichtige Einblicke in Operationsprozesse zu bekommen und in der Anatomie meine Prototypen zu testen. Bei Fragen kann ich mich jederzeit an ihn wenden».

Ihr Betreuer Georg Rauter ergänzt: «Der Austausch zwischen Forschenden und Medizinern beziehungsweise Medizinerinnen ist iterativ; das heisst, im ständigen gegenseitigen Austausch nähern wir uns der Lösung an. Nur so können wir als Ingenieure verstehen, welche Herausforderungen während der Operation zu bewältigen sind und was das für unsere Entwicklungen konkret bedeutet. Zusammen probieren wir neue Ideen aus und experimentieren. Das ist zwar zeitaufwendig, aber wichtig, damit unsere Entwicklungen sinnvoll und nachhaltig im OP eingesetzt werden können».

Auch Niklaus Friederich sieht viele Vorteile in der Verknüpfung von Forschung und klinischer Praxis: «Die enge Zusammenarbeit im MIRACLE-Projekt ermöglicht Spitzenforschung zugunsten von Patienten. Als Chirurg profitiere ich ungemein davon, mit bahnbrechenden Technologien in Kontakt treten zu dürfen und die medizinische Realität einbringen zu können. Darin liegt meiner Meinung nach auch die Zukunft unseres Fachgebiets».

Die erste klinische Anwendung der MIRACLE-Technologie ist für Knorpel-Ersatzoperationen und die Implantierung halbseitiger Knieprothesen geplant. Andere Anwendungsgebiete sind Operationen im Gehirn sowie an der Wirbelsäule. Doch bis es so weit ist, braucht es noch weiteren intensiven Austausch zwischen den Ingenieurswissen-schaften und der Medizin. Neben dem USB wird hierbei auch eng mit dem Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) zusammengearbeitet.

Das MIRACLE-Projekt ist aber jetzt schon ein gutes Beispiel dafür, was entstehen kann, wenn Forschende Anregungen von Klinikerinnen und Klinikern erhalten. Damit diese Forschungspartnerschaft am Standort Basel auch in Zukunft Früchte tragen kann, sind Kollegen am USB herzlich eingeladen, mit Forschungsideen auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am DBE zuzukommen. «Wir freuen uns über Anfragen und haben immer ein offenes Ohr», sagt Georg Rauter zusammenfassend.

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