Text von Jennifer Degen

Zurück im Pflege-Alltag

Gabriela Messerli ist aufgrund des Pflegenotstands während der Covid-Pandemie für drei Monate in ihren alten Beruf zurückgekehrt. Die Pflegefachfrau und selbstständige Naturärztin war gefordert – und gut begleitet.

«Ist dieses Stück Gaze so gross genug?», erkundigt sich Gabriela Messerli bei ihrer Patientin, der sie gerade das Knie verbindet. Die Frau im Spitalbett leidet seit Jahrzehnten an einer rheumatischen Krankheit und hat immer wieder offene Wunden an Armen und Beinen. «Legen Sie die Gaze ganz grossflächig auf», weist die Patientin Gabriela Messerli freundlich an – und diese tut, wie ihr geheissen.

Gabriela Messerli ist gelernte Pflegefachfrau und leistet nach 23 Jahren als Naturärztin erstmals wieder einen Einsatz im Spital. Als «Hilfspersonal Sondereinsatz COVID», wie die temporären Kräfte offiziell heissen. «Als ich davon gehört habe, dass dringend Personal gesucht wird, habe ich mich spontan gemeldet», sagt die 62-Jährige, der die Freude an ihrem Beruf auch durch die Maske hindurch anzusehen ist. Der Einstieg nach so langer Zeit brachte für sie aber einige Herausforderungen mit sich. Ein erstes Mal schwierig wurde es bereits, als sie am ersten Tag im Keller des Spitals ihre Arbeitskleidung abholen sollte und ziemlich ratlos vor dem Lift stand. Dieser machte keinen Wank. «Ein Pfleger klärte mich dann auf, dass es dazu den Badge braucht», sagt sie lachend und erzählt, dass sie von den Kollegen auf den Abteilungen sehr gut aufgenommen worden sei. «Ich habe von Anfang an immer mit einer erfahrenen Person zusammengearbeitet, die dann auch die ganze Computerarbeit übernahm», sagt sie. So konnte sie sich auf die Arbeit an der Patientin, am Patienten konzentrieren.

Als sie von ihren Erfahrungen erzählt, klingelt es und ein Patient muss aufs WC. Gabriela Messerli begleitet ihn, und wenig später führt sie eine Frau durch den Spitalgang, die nach ihrer Schulter-OP erstmals aufsteht. Sie erledigt ihre Aufgaben freundlich und geduldig, und auch wüste Verletzungen auf der Chirurgie bringen sie nicht aus der Ruhe. «Ich habe sechs Jahre eine Krankenstation in Bolivien geleitet, ich bin mir Einiges gewohnt», sagt sie. Die Tage im Universitätsspital sind dennoch anstrengend für sie, «ich bin abends ziemlich geschafft.» Dank der Unterstützung der anderen auf der Station ist ihr Covid-Einsatz für sie aber zu einer sehr guten Erfahrung geworden. «Ich finde es sehr bereichernd, 40 Jahre nach der Ausbildung noch einmal Einblick in meinen ursprünglichen Beruf zu haben.»

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