Annick Wangler

«Vom Gärtli-Denken wegkommen»

«Was bei Notfällen in Hirn und Herz passiert, ist eng verknüpft», erklärt der Kardiologe und Leitende Arzt Prof. Michael Kühne. Er arbeitet im Rahmen des Innovations-Focus Akutmedizin, Herz & Hirn.

Michael Kühne, Sie sind in engem Austausch mit der Akutmedizin und der Neurologie. Wünschen Sie sich als Kardiologe manchmal, Sie hätten eine andere Disziplin gewählt?

Jede Spezialität hat ihre eigene Faszination. Das Herz ist für mich aber das faszinierendste Organ, der Motor des Körpers. Im Kindergarten wollte ich Bäcker/Konditor werden. Jetzt habe ich die geistige Arbeit und kann trotzdem auch manuell was machen mit den Katheter-Eingriffen am Herzen.

Was habe ich für einen Vorteil, wenn ich mit Brustschmerzen oder plötzlichen Lähmungen gerade ans USB komme?

Brustschmerzen oder auch akute Lähmungen oder Sprachstörungen sind typische, schwere Notfälle – wegen des Verdachts auf einen Herzinfarkt oder einen Hirnschlag. Und genau da profitieren Sie von der interdisziplinären Zusammenarbeit: angefangen bei der Notfallstation. Dort werden die richtigen Weichen gestellt, die richtigen Spezialistinnen und Spezialisten anvisiert.

Darum also der Name «Innovations-Focus Akutmedizin, Herz & Hirn»?

Ja. Denn wir reden von der Herz-Hirn-Achse. Kommt eine Patientin oder ein Patient mit einem Schlaganfall, dann wird er erst mal von einem Neurologen behandelt, damit zum Beispiel eine Armlähmung besser wird. Dann macht sich die Kardiologie auf die Suche nach der Ursache. Bei ungefähr 20 Prozent ist Vorhofflimmern der Grund für Gerinnsel im Herzen. Diese gehen oft ins Hirn und verschliessen die Gefässe und lösen dort einen Schlaganfall aus. Ich denke, so verzahnt wie wir nun arbeiten, das wird Schule machen.

In letzter Zeit ist der Begriff «Wearables» aufgetaucht – was hat es damit auf sich?

Ich befasse mich ja mit Herzrhythmusstörungen. Früher haben wir zeitaufwendige Langzeit-EKGs gemacht, um Herzströme zu messen. Da hat sich viel verändert, weil wir die Patienten nun mit eben diesen Wearables, zum Beispiel Smartwatches, diagnostizieren können.

Ist die Förderung junger Ärztinnen und Ärzte ebenfalls ein Ziel des Innovations-Focus?

Ja, weil unsere Patientinnen und Patienten von Fachleuten behandelt werden sollen, die interdisziplinär denken. Da man sich in seiner Laufbahn immer weiter spezialisiert, ist es eine Herausforderung, nicht ins Gärtli-Denken zu verfallen. Und auch der Pflegenachwuchs soll lernen, aufs grosse Ganze zu blicken. Das wird am USB gelebt.



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