Martina Rutschmann

Personzentrierte Pflege:
«Für den Teamgeist ist es sehr hilfreich»

Als Fachleiterin Pflege auf der chirurgischen Abteilung begleitet Anna-Catharina Hitzfeld komplexe Patientensituationen, wie zum Beispiel schwer kranke Patientinnen und Patienten nach grossen Bauchoperationen. Dabei hilft der angehenden Pflegewissenschaftlerin, dass das USB eine Kultur der sogenannt personzentrierten Praxis anstrebt.

Anna-Catharina Hitzfeld, bei der personzentrierten Pflege geht es darum, alle Involvierten, also Patientinnen und Patienten wie auch die Pflegefachpersonen, gleichermassen als Individuum zu behandeln. Was bedeutet das für die Patientinnen und Patienten?

Ich nehme ein Beispiel: Eine komplex erkrankte jüngere Patientin wollte sich in den 50 Tagen, die sie schon bei uns war, kaum je aufsetzen. Die zuständige Pflegefachfrau und ich haben uns Zeit genommen, lange mit der Patientin geredet. Dann hat sie uns offenbart, dass ihr der nötige Antrieb fehlte und sie uns brauchte, um diesen zu finden. So konnten wir sie motivieren und schlussendlich am Bettrand mobilisieren. Wir konnten ihr die Haare kämmen und die Zähne putzen. Ausserdem bat mich die Pflegefachfrau, sie bei der Visite zu begleiten, um sie zu unterstützen.

Was war der Mehrwert für die Patientin?

Dass wir auf die Patientin eingegangen sind und nicht lockergelassen haben. Danach lag sie viel entspannter im Bett. Ausserdem war die Körperpflege für ihr Wohlbefinden wichtig.

Und was hat es Ihrer Kollegin gebracht?

Sie hat sich sicherer gefühlt und konnte in meiner Begleitung sicherer auftreten – auch gegenüber den Ärztinnen und Ärzten.

Wie schaffen Sie es, sich in Zeiten des Fachkräftemangels die nötige Zeit dafür zu nehmen?

Personzentriert bedeutet nicht unbedingt, dass man es allen recht machen muss. Sondern, dass man es miteinander mit den vorhandenen Möglichkeiten so gut wie möglich macht und im Dialog Lösungen findet.

Worin besteht der Unterschied zwischen herkömmlicher und personzentrierter Pflege?

Für mich ist Pflege in jedem Fall personzentriert. Ich habe immer so gearbeitet. Für den Teamgeist ist es sehr hilfreich, weil es zwar um die Patientin, den Patienten geht, aber auch um die Belange der involvierten Fachpersonen. Das ist der Unterschied. Und die Leute arbeiten gern an einem Ort, an dem sie als Person mit all ihren Fähigkeiten und Eigenschaften wahrgenommen werden.

Es geht also auch um Wertschätzung.

Absolut. Die Frage ist: Wie kann das Team mit den vorhandenen Mitteln gute Betreuung erreichen? Es gibt nach wie vor nicht personzentrierte Situationen. Etwa, wenn ein Patient nach dem Eintritt lange auf sein Zimmer warten muss. Das liegt oft an organisatorischen Abläufen, aber am Ende müssen wir die Situation auf der Station lösen.

Ist für Sie ein anderes Bewusstsein entstanden, seit Sie das Konzept bewusst anwenden?

Ja. In unserem Newsletter etwa wird stets nach personzentrierten Momenten gefragt. Denn es ist wichtig für Team sowie Patientinnen und Patienten, solche Momente bewusst wahrzunehmen.


Buchtipp: Personzentrierte Pflegepraxis – Grundlagen für Praxisentwicklung, Forschung und Lehre, Christoph von Dach, Hanna Mayer (Hrsg.), Hogrefe Verlag


Mehr zur Vision Pflege am USB lesen Sie hier: unispital-basel.ch/medizinische-direktion/pflege-mtt

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