Editorial

«zusammen» ist ein Bindewort ...

… ein wunderbar verbindendes Wort, das bedeutsamer denn je ist. Zusammenhalten ist angesagt. Wie es mit dem USB nach dem Nein zur Spitalfusion weitergeht, dazu äussert sich Spitaldirektor Dr. Werner Kübler. Ganz schön viel kommt in der Frühlings-Gazzetta zusammen. Wir berichten über die Zusammenführung unserer beiden Intensivstationen. Dann blicken wir auf das multidisziplinäre Angebot des Wirbelsäulenzentrums im Beitrag «Zusammengerückt für den Rücken». Zusammenhalt erst recht. Das gilt auch für ein Ehepaar – beide im USB seit vielen Jahren tätig – auf ihrer spektakulären Veloroute durch 14 Länder. In «zweiseitig» lernen Sie zwei Mitarbeiterinnen kennen, die nicht nur auf dem Bild zusammengefunden haben. «Zufall trifft Ada» – welche Geschichte eines Zusammenkommens sich dahinter verbirgt, auch das ist bemerkenswert. Nicht zu vergessen zwei Seiten einer Patientin, in deren jungem Leben schon so viel Schmerzendes zusammengekommen ist. Abgerundet wird diese Gazzetta mit der Kurzreportage über freiwillige Mitarbeitende in einem Sondereinsatz – ein eingespieltes Zusammenwirken auch da.

Fasst man all dies zusammen, ist offensichtlich: Alleingänge sind nicht mehr gefragt. Wie viel besser fühlt es sich an, zusammen unterwegs zu sein. Sinnigerweise kommt das Wort «zusammen» von «saman» (althochdeutsch): sammeln, der Samen, säen. Dem ist nichts hinzuzufügen.


Ihre Gina Hillbert


Vom Esprit der

gemeinsamen Intensivstation

Führen die beiden Intensivstationen zusammen: (von links) Michael Wehrli, Prof. Hans Pargger, Angelika Lehmann,Prof. Stephan Marsch

Führen die beiden Intensivstationen zusammen: (von links) Michael Wehrli, Prof. Hans Pargger, Angelika Lehmann,Prof. Stephan Marsch

Interviewtermin: Gemeinsam an einem Tisch die (noch) zwei interprofessionellen Führungsteams der beiden Intensivstationen: Prof. Stephan Marsch und Angelika Lehmann, Medizinische Intensivstation (MedInt), Prof. Hans Pargger und Michael Wehrli, Operative Intensivbehandlung (OIB). Vom 1. April 2019 an wird es eine gemeinsame Intensivstation geben. Die Zusammenführung geschieht partnerschaftlich, respektvoll und transparent.

Auf was freuen Sie sich am meisten und was wünschen Sie sich für die gemeinsame Intensivstation?
Michael Wehrli: Ich freue mich sehr auf die weitere interprofessionelle Zusammenarbeit, die im Intensivbereich besonders ausgeprägt ist. Sie ist mit allen, die auch heute an einem Tisch sitzen, schon sehr gut angelaufen. Ich wünsche mir, dass wir flexibel bleiben bei dieser gemeinsamen Verantwortung für dieses hoch qualifizierte Angebot für die kritisch kranken Patientinnen und Patienten.

Hans Pargger: Aus dem Unterschiedlichen etwas Gemeinsames entwickeln, das vielleicht noch besser ist als das Gute, das jetzt schon vorhanden ist und voneinander lernen. Mich freut, dass die Intensivmedizin in diesem Universitätsspital durch die Zusammenführung der beiden Stationen einen höheren Stellenwert einnimmt.

Angelika Lehmann: Für mich sind es der Wissensgewinn und die erweiterte Fachkompetenz. In der Vorbereitung haben wir gemerkt, dass wir zusammen tolle Ideen haben, was wir Neues entwickeln können. Der Fächer ist breiter geworden.

Stephan Marsch: Ich bin jemand, der gerne lernt. Jetzt gehöre ich in eine Alterskategorie und Hierarchiestufe, wo man erwartet, dass ich beibringe. Ich empfinde es als Privileg, dass ich lernen darf. Nun wird es viel interessanter, denn ich werde von allen lernen. Das wird anspruchsvoll und eine neue Herausforderung, aber das habe ich mein ganzes Leben lang schon gut gefunden. Besonders freue ich mich über die Stärkung des akademischen Potenzials der Intensivmedizin.
Hans Pargger und Michael Wehrli, Sie machen den Anfang, werden die gemeinsame Intensivstation die ersten drei Jahre über leiten. Was bedeutet das für Sie?
Hans Pargger: Für mich bedeutet das Verantwortung in grossem Mass übernehmen. In Hinsicht auf das, was wir miteinander erarbeiten und schaffen wollen, ist es wichtig, dass wir die Partner der Stationen von Anfang an abholen und miteinbeziehen. Dass die Leitung in drei Jahren wechselt, ist im Moment nicht entscheidend.

Michael Wehrli: Mir ist ganz wichtig, dass wir vier erfahrenen Führungspersonen die beiden Intensivstationen partnerschaftlich zusammenbringen, und dies im Sinne der Patienten und Mitarbeitenden. Das ist eine spannende Aufgabe und darauf freue ich mich. Ursprünglich komme ich von der Medizinischen Intensivstation. Das ist zwar schon 15 Jahre her, aber den Spirit von damals habe ich noch in mir. Ich sehe dies als eine glückliche Fügung, dass wir jetzt zusammenkommen.
Was kommt in der ersten Phase auf Sie zu?
Hans Pargger: Wir sind schon mittendrin. Eine Zusammenführung dieser Art gelingt nur mit einer ausgedehnten Vorbereitungsphase. Natürlich akzentuiert sie sich in Bezug auf den 1. April 2019. Was sich dann konkret ändert, haben wir partnerschaftlich entschieden. Vieles ist prozessmässig aufgegleist. In diesem Transformationsprozess ist es wichtig, dass man das, was qualitativ für die Patienten gut ist, was gut funktioniert, beibehält, gegebenenfalls weiterentwickelt und sogar verbessert.

Michael Wehrli: Wichtiges ist auch schon passiert. Wir vier haben zum Glück gemeinsame Ideen. Und was die Pflegenden betrifft, haben wir, Angelika Lehmann und ich, letztes Jahr die Belegschaft darüber informiert, wie es in etwa aus sehen und was auf die Mitarbeitenden zukommen wird. Ich höre, dass dies gut angekommen ist. Das war für mich ein erster wichtiger Überwinder eines möglichen Problems, das kommen kann: Widerstand. Im USB gibt es einen Grundsatz der Pflege: die Personenorientierung. Wir haben der Belegschaft versprochen, dass sie miteinbezogen sein wird und wir arbeiten intensiv mit dem erweiterten Führungsteam der Pflege.
Stephan Marsch und Angelika Lehmann, Sie haben die Medizinische Intensivstation gemeinsam geleitet. Nun übernimmt das Team Pargger / Wehrli. Wie fühlt sich das an?
Angelika Lehmann: Seit 2007 habe ich die MedInt selbstständig geleitet. Obwohl die Führung gemäss Organisationsstruktur nach aussen hin nun in andere Hände geht, verstehe ich mich als Teil eines Vierer-Führungsteams. Die beiden Intensivstationen arbeiten in gewissen Bereichen schon seit Jahren eng zusammen. Für mich sind bei der Zusammenführung zwei Dinge ganz wichtig: Dass wir das Beste aus beiden Systemen behalten und dass keine der beiden Stationen und keine Mitarbeitenden auf der Strecke bleiben. Dafür stehe ich ein. Ich werde Anliegen ins Führungsgremium einbringen. Natürlich wird es anders. Bisher habe ich alleine für die Pflege entschieden, ab jetzt halte ich Rücksprache mit Michael Wehrli.

Stephan Marsch: Abgeben ist schwierig. Seit meiner Wahl vor zwanzig Jahren war ich als Professor und Chefarzt tätig. Jetzt einfach zu sagen, ich stehe zurück, das ist schwierig. Aber es gibt natürlich die andere Seite: Es ist bestimmt kein Unglück für mich, an einem Freitagabend nach Hause zu gehen im Wissen, dass ich ein ganzes Wochenende wirklich nicht im Dienst bin, nicht ans Telefon gerufen werde und nicht ans Unispital denken muss. In drei Jahren darf ich die Führung wieder übernehmen. Drei Jahre in einem Fusionsprozess sind für mich kurz, selbst wenn wir einen super Job machen. Es ist für eine Organisation schlecht, alles zu ändern, nur weil man der neue Chef ist. Unsere Aufgabe ist es deshalb, uns so zu positionieren, dass wir Entscheidungen treffen, die wir gemeinsam nachhaltig tragen können. Das ist sicher eine anspruchsvolle Sache. Da bin ich voll dabei.
Kommen wir auf die Unterschiede der beiden Stationen zu sprechen. Was kommt Ihnen dazu in den Sinn?
Hans Pargger: Was unterschiedlich wächst, ist unterschiedlich. Auf der Medizinischen Intensivstation liegen andere Patienten als auf der Operativen Intensivstation. Dadurch sind der Zugang zum Patienten und die Prozesse unterschiedlich. Wie man das angleicht, das werden wir sehen. Was man wissen muss, ist, dass ein Intensivpatient potenziell nach vier Tagen, egal auf welcher Station er eingetreten ist, der gleiche Intensivpatient ist. Die Probleme, die er entwickelt, sind intensivmedizinische Probleme. Dennoch kann man unterschiedlich herangehen. Das ist auch nicht falsch. Aus dem Unterschiedlichen können die Patienten nun profitieren. Wir holen aus dem Unterschiedlichen das Beste für den Patienten heraus.

Michael Wehrli: Die Medizinische Intensivstation besteht aus Nord/Süd und kleineren Gruppen, ist dadurch etwas familiärer als die Grossgruppe OIB, ein Team, 22 Betten an einem Ort. Daraus entstehen unterschiedliche Kulturen. Bei der Zusammenführung geht es auch ums Erhalten. Es soll nicht alles gleich werden, indem man wild durcheinanderwirbelt. Die Mitarbeitenden sollen die Möglichkeit haben, sich aufeinander zuzubewegen. Daraus entwickelt sich bestimmt Neues. Ich bin gespannt.

Angelika Lehmann: Wir sind noch daran, die Unterschiede zu analysieren. Was einfach anzugleichen ist, machen wir rasch. Kulturunterschiedliches lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen verändern. Grundlegend ist, dass man partnerschaftlich miteinander umgeht. Wir sind hier weniger hierarchisch aufgestellt als andernorts. Das macht es einfacher.

Stephan Marsch: Beide Intensivstationen haben das Ziel, schwerkranke Patienten möglichst gut über diese Zeit zu bringen. Die zentralen Fragen sind jetzt, was funktioniert gut, was kann man behalten, was nicht. Was in einem kleinen Bereich gut läuft, läuft das auch im grösseren?

Hans Pargger: Man muss vor allem offen sein für das, was auf einen zukommt. Zu starke Bilder sind nicht gut. Bilder sind sehr prägend.

Michael Wehrli: Was uns eint: Wir betreiben ein intensivmedizinisches, generalistisches Fach mit Prinzipien, die für alle Patienten die gleichen sind. Wir kommen nun als Disziplin in diesem Haus zusammen. Das freut uns. Meine Unbekannten sind eher: Wie reagiert man intern auf uns? Denn wir werden grösser und mächtiger. Und wie wird die Stimmung im zusammengeführten Team, wie gehen die Mitarbeitenden mit Belastungen um und wie beteiligen sie sich am Veränderungsprozess?

Stephan Marsch: Wir werden ja nicht zusammengelegt, weil der eine oder andere einen schlechten Job macht. Es werden zwei starke Stationen zusammengeführt. Beide mit dem Selbstbewusstsein, einen super Job zu machen.

Hans Pargger: Tagesabläufe – die müssen wachsen. Sonst gibt es nicht so viel Unterschiedliches. Man darf jedoch die Zusammenführung nicht unterschätzen; es kann viel passieren. Wir sind sehr gut und aus der Position der Stärke heraus gestartet. Man macht etwas gemeinsam, was man vorher schon gut gemacht hat. Das entspricht auch der Grundhaltung des Leitungsteams. Für mich herrscht ein guter neuer Esprit. Diesen verbreiten wir über alle Stufen und ins ganze Spital.
Wie steht es um die Attraktivität des Arbeitsplatzes?
Stephan Marsch: Wir werden ein Grossbetrieb. Die Attraktivität des Arbeitsplatzes beizubehalten, ist für mich die grösste Herausforderung. Was machen wir, damit die Mitarbeitenden weiterhin gerne zur Arbeit kommen?

Angelika Lehmann: Wir haben immer schon viel für die Zufriedenheit und den Verbleib der Mitarbeitenden gemacht, gerade auch über die beiden Intensivstationen hinweg. Die guten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, das Nachdiplomstudium, bei welchem man auf beiden Intensivstationen arbeiten kann, und die Karriereförderung. Es gilt bei uns Personenorientierung nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Mitarbeitenden.

Michael Wehrli: Und wir sind auch Zentrumsintensivstation. Das ist in sich attraktiv. Wir stehen für eine vernünftige und sinnvolle Intensivmedizin. Dazu haben wir bereits bis anhin über die beiden Stationen hinweg pflegerische Themen weiterentwickelt und interprofessionell ethische Konzeptionen in die Arbeitsprozesse eingeführt. Intensivmedizinisch sinnvoll handeln im Sinne des Patienten, das macht den Arbeitsplatz attraktiv.
Wie schaffen Sie die Integration?
Michael Wehrli: Das wichtigste für mich sind Transparenz und Partizipation. Wir gehen zusammen in diesen Prozess. Wir sind eine lernende Organisation. Wichtig ist auch, dass dies die Führung deklariert und je transparenter uns das gelingt, desto erfolgreicher werden wir sein. Transparenz erreichen wir durch Abteilungssitzungen, Workshops und regelmässigen Austausch. Für den gemeinsamen Esprit sind selbstverständlich soziale Anlässe geplant.

Hans Pargger: Wir können als Leitungsteam nur den Raum schaffen, in welchem sich die 240 Mitarbeitenden entwickeln, um weiterhin qualitativ hochstehende Arbeit zu leisten. Es ist wichtig, dass wir das erkennen. Wir geben den Mitarbeitenden Leitplanken. Und wenn wir sehen, dass der Respekt gegenüber dem anderen und dessen Meinung gegeben ist, dann haben wir es richtig gemacht.


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