Editorial

«zusammen» ist ein Bindewort ...

… ein wunderbar verbindendes Wort, das bedeutsamer denn je ist. Zusammenhalten ist angesagt. Wie es mit dem USB nach dem Nein zur Spitalfusion weitergeht, dazu äussert sich Spitaldirektor Dr. Werner Kübler. Ganz schön viel kommt in der Frühlings-Gazzetta zusammen. Wir berichten über die Zusammenführung unserer beiden Intensivstationen. Dann blicken wir auf das multidisziplinäre Angebot des Wirbelsäulenzentrums im Beitrag «Zusammengerückt für den Rücken». Zusammenhalt erst recht. Das gilt auch für ein Ehepaar – beide im USB seit vielen Jahren tätig – auf ihrer spektakulären Veloroute durch 14 Länder. In «zweiseitig» lernen Sie zwei Mitarbeiterinnen kennen, die nicht nur auf dem Bild zusammengefunden haben. «Zufall trifft Ada» – welche Geschichte eines Zusammenkommens sich dahinter verbirgt, auch das ist bemerkenswert. Nicht zu vergessen zwei Seiten einer Patientin, in deren jungem Leben schon so viel Schmerzendes zusammengekommen ist. Abgerundet wird diese Gazzetta mit der Kurzreportage über freiwillige Mitarbeitende in einem Sondereinsatz – ein eingespieltes Zusammenwirken auch da.

Fasst man all dies zusammen, ist offensichtlich: Alleingänge sind nicht mehr gefragt. Wie viel besser fühlt es sich an, zusammen unterwegs zu sein. Sinnigerweise kommt das Wort «zusammen» von «saman» (althochdeutsch): sammeln, der Samen, säen. Dem ist nichts hinzuzufügen.


Ihre Gina Hillbert


Zwei gehen

zusammen

Auf und davon. Kurz nachdem die Zusammenführung der beiden USB-Intensivstationen angekündigt worden war, begab sich das Ehepaar Claudia und Martin Spychiger auf eine spektakuläre Velotour. Nach Ende ihrer Reise werden die beiden langjährigen Mitarbeitenden, die bis anhin ihren Arbeitsplatz auf zwei verschiedenen Intensivstationen hatten, räumlich und organisatorisch zusammenkommen.

Die beiden Intensivstationen, Medizinische Intensivstation (MedInt) und Operative Intensivbehandlung (OIB), werden zusammengehen. Noch vor Antritt unserer einjährigen Reise erfuhren wir, dass unsere bisherigen Arbeitsplätze (Martin arbeitet auf der MedInt und Claudia auf der OIB) neu in einer Einheit zusammengeführt werden. Wir gehen also weg und wenn wir zurückkommen, ist die Zusammenlegung bereits vollzogen. Bedenken hatten wir jedoch nicht. Veränderung, Dynamik und Intensivstation gehören irgendwie zusammen. Die neue Intensivstation ist zudem so gross, dass wir uns nur selten über den Weg laufen werden. Zudem sind wir in verschiedenen Funktionen tätig. Martin (schmunzelnd): «Claudia wird nicht meine Vorgesetzte. Zudem wird es so bleiben, dass das Thema Arbeit sozusagen in der Garderobe zurückbleibt». Claudia bestätigt: «Privat ist die Arbeit selten ein Thema zwischen uns. Die mentale Distanz zum Spital und unserem Job war uns immer wichtig. Das wird sich jetzt bestimmt nicht ändern». Wir sind dankbar, dass wir nach diesem Reisejahr wieder an unseren Arbeitsplätzen wirken können. Das ist nicht selbstverständlich.

Mit dem Velo reisen heisst, intensiver unterwegs sein

Ausdauersport ist ein wichtiger Teil unseres Lebens, hauptsächlich der Radsport, den wir auch wettkampfmässig betreiben. Mit dem Velo ein Jahr lang eine völlig unbekannte Route durch verschiedene Länder zu befahren, war ein Wunsch, der sich irgendwann bei uns konkretisiert hat. 14 Länder, verschiedene Kulturen und abwechslungsreiche, teils spektakuläre Landschaften haben wir auf unserer Velofahrt sehr intensiv, hautnah und unmittelbar erlebt. Man hält an Orten abseits der Touristenströme, begegnet den Menschen, staunt, wird bestaunt, angesprochen und gar spontan eingeladen. Das Reisetempo ist natürlich viel gemächlicher, wenn man in die Pedale tritt, als wenn man am Steuer oder im Bus sitzt. Wir hatten dadurch auch viel Zeit, die Menschen und die Dinge zu begreifen, die wir angetroffen haben. Im Gepäck nur das Allernötigste. Mit wie wenig man auskommen kann, war eine wertvolle Erfahrung.

Das USB ist weit weg und dennoch überall
Claudia: «Ich habe etwas länger gebraucht als Martin, das USB hinter mir zu lassen. Wenn du ein ganzes Jahr weg bist, musst du auch gedanklich Abstand zum Arbeitsplatz gewinnen. Jedoch … dass uns das USB bis in den abgelegensten Zipfel der Welt verfolgen würde, hätten wir nie gedacht. Im abgeschiedensten Ort in Tadschikistan trafen wir eine Mitarbeiterin aus dem USB. Sie war mit einer Vierergruppe in einem Jeep mit Guide an die Hotspots Tadschikistans unterwegs. Seltsam war es für uns in jenem Moment plötzlich, Schweizerdeutsch zu hören und zu sprechen. Da blieb uns beinahe die Sprache weg. Zum Thema Sprache: Leider hatten wir uns sprachlich zu wenig kundig gemacht. Es gab viele Situationen, in welchen einige Brocken Russisch nützlich gewesen wären. Vor allem, wenn es darum ging, die allererste Frage zu beantworten: Woher kommt ihr? Und wir trotz eines «Shveytsariya» auf den Gesichtern unserer Gesprächspartner nur ein Fragezeichen erkennen konnten. Unsere Erkenntnis: Die Schweiz, für viele ein unbekanntes Land, unser Schweizerpass nicht nur wegen der Schrift ein Rätsel.

Auf 4’500 m ü.M. allein mit Velo, Pferd und Kuh
Beim Material und bei unseren Velos haben wir nichts dem Zufall überlassen. Unsere Vorbereitung war top, typisch schweizerisch eben. Auch konditionsmässig waren wir auf der Höhe. Den einen oder anderen Velotouristen – es sind uns doch mehrere begegnet – haben wir staunend zurückgelassen. Velofahren auf 4’ 500 Metern über Meer ist eine besondere Herausforderung, auch für uns. Dies bei rasch wechselndem Wetter mit Wind, Regen, Schnee, Kälte, über Passhöhen, ohne Verpflegungsmöglichkeiten, menschenseelenallein, an Pferden und Kühen vorbei. Vielleicht war es genau das, was wir gesucht haben, was uns gelassener werden liess, was vieles relativiert hat. Freiheit pur.

Entschleunigung
Was die Reise mit uns gemacht hat? Sie hat unsere Alltags probleme sehr relativiert. Wir sind deutlich gelassener geworden, haben uns treiben lassen und es genossen: Geht es heute nicht, geht es morgen. Unser sportlicher Anspruch, Leistung zu bringen und möglichst schnell auf dem Velo unterwegs zu sein, hat sich während dieser Reise verändert. Leistung hat nicht mehr die Bedeutung wie zuvor. Wir waren auf einer Reise, nicht an einem Wettkampf. Leistung war vielmehr, es geschafft zu haben, sich auf dem Velo zu entschleunigen.

Was uns beeindruckt hat
Generell war es die Offenheit der Menschen, denen wir begegnet sind, die uns sehr beeindruckt hat. Besonders im Iran, wo wir zudem grenzenlose Gastfreundschaft erlebt haben. Es sind sogar Freundschaften fürs Leben entstanden. Auch durch die weltweit bestehende Community für Velofahrende «Warmshowers» (für uns ist eine warme Dusche nach der Tour das höchste der Gefühle) fanden wir leicht Unterkunft. Auch dadurch sind wir den Menschen erstaunlich nahegekommen. Sie waren sehr offen mit uns, weltoffen sogar, auch die konservativsten Gläubigen unter ihnen. Bei jedem Velostopp wurden wir angesprochen: Wo geht ihr hin? Habt ihr gegessen? Wir erinnern uns gerne an viele intensive Begegnungen und Gespräche bei köstlichem Essen.

Freiheit kennt viele Facetten
Wir sind Menschen begegnet, die Not leiden, die existenzielle Sorgen haben, für welche Freiheit eine andere Bedeutung hat. Wir haben Menschen angetroffen, die dennoch gelassen den Alltag leben, die rücksichtsvoll miteinander umgehen, die uns ihre Türen geöffnet und uns wohlwollend aufgenommen haben.

Zurück in unserer Heimat, sind wir dankbar, dass wir nach der langen Abwesenheit unsere Jobs auf der Intensivstation wiederhaben. Unsere langjährige Tätigkeit auf diesen intensiven Stationen hat uns geprägt, uns vor Augen geführt, dass es nicht selbstverständlich ist, gesund zu sein. Und unsere Reise hat uns gezeigt, dass Freiheit viele Facetten kennt. Wer sie sucht, der möge sich auf den Weg machen und sie finden.

Claudia und Martin Spychiger in Südamerika unterwegs



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