Editorial

Vom Anschreiben

Neuerdings leide ich an Zettelallergie. Was so alles angeschrieben ist! Ich soll das Licht löschen, wenn ich den Raum verlasse, die leeren PET-Mineralwasserflaschen nicht zu den vollen stellen, das gebrauchte Geschirr nicht in die Spüle, sondern in der Geschirrwaschmaschine einordnen, die WC-Papierrolle gefälligst ersetzen, wenn das letzte Blatt gefallen ist. «Dauer des Wechsels max. 10 Sekunden», steht geschrieben. (Wetten, ich schaffe das in 8?).

Weshalb beginne ich auf diese und ähnliche Zettelbotschaften allergisch zu reagieren? Zettel sind doch etwas Nützliches: Einkaufszettel, Spickzettel, Handzettel, … oder die Zettelwirtschaft am Bildschirm mit Informationen, die ich mir partout nicht merken kann, mit Botschaften, die ich mir beim Schreiben immer wieder vor Augen führen möchte: «Fakten statt Floskeln». Bevor ich mich vollends in diesem Text verzettle, hier meine Erklärung: Mein Ärgernis ist, dass es offenbar Mitmenschen gibt, die einen Denkzettel brauchen für Selbstverständlichkeiten. Wie war das nochmal mit der Achtsamkeit? Nur maximal 10 Sekunden und die Welt ist ein bisschen besser. Ich wünsche Ihnen einen bunten Herbst, aber denken Sie daran, sollte das letzte Blatt fallen…

Ihre Gina Hillbert


Die internationale Patientenseite

des University Hospital Basel

Geht nicht, gibt es nicht – so das Credo des International Service USB. Die Abteilung bietet einen Rundumservice für ausländische Privatpatientinnen und -patienten, die sich für eine medizinische Behandlung in unserem Haus entschieden haben. Ihnen ein Höchstmass an Qualität und Dienstleistung zu bieten, ist eine Selbstverständlichkeit. Die Patientin ist manchmal eine echte Königin.

Der Messestand des International Service ist geöffnet. Kommen Sie näher, ich informiere Sie gerne und beantworte Ihre Fragen. Tatsächlich befinden wir uns jetzt nicht im Oman, in Kuwait oder in Moskau an an einer Gesundheitsmesse und werben um ausländische Privatpatientinnen und -patienten, sondern befinden uns mitten in der Gazzetta. Die Gelegenheit, Ihnen ein paar Episoden von unserer sehr abwechslungsreichen, interessanten und mitunter aufregenden Tätigkeit zu erzählen.

Nach einem Dornröschenschlaf ist der seit 2006 bestehende International Service heute gefragter denn je, denn der Medizintourismus hat in den letzten Jahren zugenommen. Medizintouristen sind Patientinnen oder Patienten, die gezielt nach einer Behandlung im Ausland suchen und diese auch selbst finanzieren. Manchmal gibt es Sponsoren wie Botschaften, Arbeitgeber oder Gönner.

Ein Single Point of Contact für die internationale Patientenklientel ist mittlerweile in allen grossen Spitälern eine feste Institution. Durch den International Service am USB können wir dem internationalen Patienten einen kontinuierlichen Ansprechpartner vor, während und nach seinem Aufenthalt bieten. Unser Ziel ist es, diesen Service in Zukunft nicht nur international, sondern auch für nationale Zusatzversicherte Patientinnen und Patienten anzubieten.

Elisabeth Schweinitzer, Patient Service Managerin, und ich, Leiterin der Abteilung, führen unsere Patienten entlang der Patientenpfade des USB und organisieren alles rund um den Spitalaufenthalt und darüber hinaus. Vermehrt reisen wir an Messen und präsentieren stolz das University Hospital Basel in Switzerland.

Moscow calling

007 – Russland. Unsere Partneragentur kündigt uns eine Patientin fürs Brustzentrum an, die so schnell wie möglich nach Basel kommen möchte. Die Patientin aus Moskau hat einen Bericht über das Universitätsspital Basel im Swiss Health Magazine gelesen. Die medizinische Dokumentation wird parallel geschickt. Eine CD kommt per Kurier. Nach Rücksprache mit dem Brustzentrum bieten wir eine Second Opinion an. Die Patientin ist einverstanden. Wir erstellen den Kostenvoranschlag und regeln das Finanzielle. Es braucht jetzt noch die Einladung für die Botschaft, die Kostensicherung, die Organisation des Transfers und die Buchung des Hotels. Termine und Dolmetscher sind bereits bestätigt.

Chauffeur service

«Hi, this is me, I changed my flight. My arrival is tomorrow at 10.30 am. See you, Mohammed». Tomorrow ist heute. Also genau in drei Stunden. Der Patient aus Kuwait hat den Flug geändert und wird zwei Tage früher anreisen. Noch auf dem Weg ins Büro rufe ich unseren Chauffeurdienst an. Der ist zufällig auf dem Weg nach Zürich und kann den Patienten auf dem Rückweg nach Basel mitnehmen. Für uns heisst das sofort umorganisieren: Hotel, Dolmetscher und die Termine.

The Emirates calling

00971 – das sind die Arabischen Emirate. Oh, Her Highness! Sie war vor einigen Wochen bei uns und fand die Decken im Aufwachraum so angenehm. «Can I order five hundred pieces for my family? I like them so much». «Of course, your Highness. I will manage this for you». Geht nicht, gibt es nicht.

Personal company

Im Spitalgarten treffe ich die Mutter der Sheikha aus den Emiraten. «How are you?», frage ich sie. Sie bricht in Tränen aus und fällt mir in die Arme. Stimmt, heute wird die junge Sheika operiert. Gemeinsam gehen wir in mein Büro und ich rufe im OP an. Alles ist gut verlaufen und wir können in 30 Minuten zu ihr. Auf Bitte der Mutter gehe ich mit und so gehen wir beiden Frauen Hand in Hand in den Aufwachraum. Männliche Begleitung ist nicht erwünscht. Auch nicht der Bruder. Die Patientin und ihre Familie werden noch einen Monat in Basel bleiben. Sie sind mit 20 Personen angereist und haben einen ganzen Trakt im Hotel Les Trois Rois gemietet. Das gewünschte Patientenbett lassen wir noch vor dem Austritt liefern und die beiden Schienen sind auch schon zur Mitnahme nach Hause bestellt.

Mail-Betreff: We need your help!

Eine ältere Dame, die auf einer Flusskreuzfahrt in Basel haltgemacht hat, ist gestern bei der Stadtbesichtigung gestürzt und wurde ins Unispital gebracht. Nach der Not-OP ist sie stationär in der Chirurgie. Verwandte aus Boston möchten gerne einen Blumengruss schicken und sind auf den International Service gestossen. Ich finde heraus, wo die Patientin liegt und kümmere mich selbstverständlich darum.

Expat Community Networking

Heute Nachmittag kommt noch die Vorsitzende der Expatvereinigung Centrepoint für einen Bericht über den International Service vorbei. Die Expat Community ist, dank der internationalen Firmen in Basel, sehr stark vertreten. Da können wir vom International Service Unterstützung bieten. Wir sind das einzige Spital in der Nordwestschweiz, welches diesen Service für Expats anbietet, was auch sehr gut angenommen wird. Wir haben in den letzten zwei Jahren ein ausgezeichnetes Netzwerk zu den HRs der grossen Pharmafirmen in Basel und Umgebung aufgebaut. Dieses gilt es zu pflegen.


Messebesuch in Muscat

Es ist Samstagabend, und wir treffen uns um 18 Uhr vor dem Fäschhaus an der Spitalstrasse, um gemeinsam zur Medical Tourism Exhibition nach Muscat zu fliegen. Wir, das sind Elke König, Assistentin unseres CFO, und ich, Simone Rüdlin.

Wir nehmen den Nachtflug nach Muscat, sodass wir am nächsten Tag zum Standaufbau vor Ort sind. Im Gepäck haben wir unseren neuen Messestand mit Zubehör, einen Koffer mit Broschüren und Infomaterial vom USB und der Stadt Basel. Und einen Koffer mit unseren Give aways aus Basel und der Schweiz: Läckerli, Schweizer Schokolade, Taschenmesser und alles, was die Swissness hervorhebt. Somit reisen wir mit vier Koffern, zwei Handgepäckstücken, Trolleys und einem Messestand. Transport und das Aufgeben unseres Gepäcks ist schon so schweisstreibend, dass wir beim Abflug Müdigkeit verspüren und den Nachtflug am liebsten zum Schlafen nutzen würden. In der Realität sieht dies aber leider immer anders aus.

Nach einem mehr oder weniger ruhigen Flug landen wir um 6.30 Uhr in Muscat. Wie auf allen Reisen hoffe ich, dass auch unser gesamtes Gepäck angekommen ist und wir nicht ohne Broschüren etc. dastehen. Beim Verlassen des Flugzeugs bekommen wir die Hitze Arabiens zu spüren, was aber bei Eintritt in die extrem gekühlte Airporthalle sofort wieder verfliegt.

Vor der Gepäckausgabe heisst es zuerst unsere Visas zu bekommen. Das läuft im Oman recht unkompliziert ab. Im Flughafen nehmen wir den Duft aus 1001 Nacht wahr. Alles kommt mir sehr bekannt und vertraut vor. Ich denke an unsere Patientinnen aus dem Mittleren Osten, die ihre Zimmer immer in diesen Duft hüllen. Ist mir vertraut; ich mag es.

Wir reihen uns in die Schlange zur Einreisekontrolle ein und werden von sehr freundlichen Omanis in ihrer traditionellen Kleidung kontrolliert: Männer in ihren weissen Dishdasha (Kleid) und Kummah (Kopfbedeckung) und Frauen in ihrer schwarzen Abaya mit Kopfbedeckung und Burka. Die Omanis sind ein sehr freundliches und zuvorkommendes Volk.

Beim Gepäckband suchen wir unsere sieben Sachen zusammen und passieren den Ausgang, der von Menschenmengen gesäumt ist. Wie an jedem anderen Flughafen auch, nur dass sich die Farben auf Schwarz und Weiss beschränken.

Unser Fahrer steht mit einem Empfangsschild da, und wir werden zu unserem vorab bestellten Van gebracht. Dort heisst es, unsere Gepäckmengen zu verstauen. Als wir dabei helfen möchten, bekommen wir einen fragenden Blick zugeworfen.

Wir beschliessen direkt vom Flughafen zur Messe zu fahren, um schon einmal unseren Stand aufzubauen.

Es ist jetzt 8.30 Uhr und für arabische Verhältnisse sehr früh. Das macht sich bemerkbar, als wir das Messegelände betreten. Alle Türen sind noch verschlossen. Nachdem wir um das Gebäude gewandert sind, wieder einmal mit unseren sieben Sachen, finden wir einen Hintereingang, der zur Messe führt. Zu diesem Zeitpunkt hat es bereits 30 Grad – und der Nachtflug macht sich bemerkbar. Im Ort des Geschehens angekommen, können wir uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass hier am Nachmittag eine Messe stattfinden soll. Hier ist noch gar nichts vorbereitet. Wir suchen unseren Stand und beschliessen unser Gepäck abzuladen und ins Hotel zu gehen. Wir kommen später wieder.


Es ist jetzt mittlerweile 10.00 Uhr vormittags, und wir sind nun doch schon einige Stunden auf den Beinen. Unsere Zimmer sind erst um 12.00 Uhr bezugsbereit, und so warten wir im Halbschlaf in der Lobby.

Am Nachmittag geht es zurück zur Messe, und es sieht immer noch nicht aus, als würde hier in drei Stunden eine offizielle Zeremonie vom Gesundheitsministerium stattfinden. Unser Stand ist schnell aufgebaut und um uns herum bilden sich Gruppen von männlichen Zuschauern, die unsere Tätigkeit etwas erstaunt beobachten. Unser Aufbau ist in knapp einer Stunde erledigt. Er ist professionell und perfekt. Auf die fragenden Blicke unserer Zuschauer kontern wir lächelnd: «This is Swiss Quality!»

Um uns herum sind Anbieter aus allen Nationen. Das Angebot an medizinischer Behandlung reicht von Indien, Korea, Iran, Türkei, Dubai, Deutschland und bis in – die Schweiz!

Schon eine Stunde später durchkreuzt eine Gruppe, umringt von Fotografen und Reportern, die Messehalle. Wir stellen fest, dass die offizielle Eröffnungszeremonie nicht um 17.00 Uhr, wie angekündigt, sondern bereits um 16.00 Uhr startet. Man hat wieder einmal umdisponiert. Mit den Zeiten hat man es im Mittleren Osten nicht so. Jetzt heisst es, dem Tross folgen und sich so vorzudrängeln, dass man an den Sekretär des Gesundheitsministers herankommt. Ich erkläre ihm, dass wir das einzige Universitätsspital aus der Schweiz an dieser Messe sind und wir uns sehr freuen würden, wenn der Minister uns am Stand besuchen würde. Um wirklich sicher zu gehen, laufe ich einfach mit der Gruppe mit und lotse sie so an unseren Stand. Et voilà!

Geschafft! Nun heisst es, in wenigen Sekunden etwas über das USB zu erzählen. Als Geschenk überreichen wir Basler Läckerli und Schweizer Schoggi. Als der Gesundheitsminister von Oman «Basel» hört, lacht er herzlich und erklärt uns, dass er Basel sehr gut kenne. Weshalb das so ist, erwähne ich hier nicht. Das wäre Werbung.

Unsere Standnachbarn beglückwünschen uns zu diesem hohen Besuch. Und am nächsten Tag ist ein Bild vom Gesundheitsminister des Oman am Stand des Universitätsspitals Basel in der lokalen Tageszeitung.

Der offizielle Teil ist vorbei, und die Messe kann losgehen. Die Türen sind für jedermann geöffnet. «Kommen Sie, schauen Sie, wir sind das Universitätsspital Basel und stehen für hochqualifizierte Medizin und Schweizer Qualität.»

Patienten mit ihren Berichten besuchen uns am Stand und fragen nach Behandlungen. Orthopädie, Kieferchirurgie, Neurologie etc. – das gesamte Angebot ist gefragt. Jetzt liegt es an uns, die Patienten vom USB zu überzeugen und ihr Vertrauen zu gewinnen.

Die jeweiligen Anfragen schicken wir abends vom Hotel aus direkt nach Basel ins International Service Office, von wo aus diese weiterbearbeitet werden. Den Patienten sichern wir eine Antwort innert 24 Stunden zu.

Da es sich hier ausschliesslich um eine Medical Travel Messe handelt, sind sämtliche Länder aus verschiedenen Kontinenten vertreten. Korea, Indien, Türkei, Spanien, Iran und Dubai, um nur einige von ihnen zu nennen. Nachdem wir einige Jahre nicht mehr auf Messen im Ausland waren, überrascht es uns, wie sehr die Nachfrage nach Behandlungen im Ausland gestiegen ist und wie enorm das Angebot ist.

Die Messe verläuft sehr gut, und in den drei Tagen können wir eine Menge Kontakte knüpfen. Zu Reisebüros, die medizinische Reisen anbieten, lokalen Ärzten und natürlich Patienten. Wir, das Standteam, waren angenehm überrascht von dieser Resonanz, Wir hatten vorab nicht einschätzen können, was uns erwartet.

Alles in allem war die Messe und der Aufenthalt im Oman ein Erfolg. Nun gilt es, die Kontakte zu pflegen und auszubauen und beim nächsten Event wieder präsent zu sein. Unser Ziel ist aber erst dann erreicht, wenn der Patient zur Behandlung nach Basel kommt.

Am Abend treffen wir im Hotel noch einen Omani, der uns die CD mit Bildern und die neuesten medizinischen Berichte seiner Mutter bringt. Sie bekam vor zwei Jahren eine neue Hüfte und läuft schlechter als je zuvor. Auf meine Frage, ob sie denn Physiotherapie mache, verneinte er und meint: «She had an operation, why is there a need for physiotherapy?». Bei solchen Gesprächen wird mir immer wieder klar, wie hoch unser medizinischer Standard ist. Nach einer Stunde verabschieden wir uns mit einem herzlichen: «See you in Basel!».

Nach fünf Tagen im heissen Oman fliegen wir zurück. Dann heisst es, Messe nachbereiten, die Kontakte anschreiben, Behandlungsangebote versenden und… die nächste Messe vorbereiten. Denn in zwei Wochen geht es von Donnerstag bis Sonntag nach Moskau zur «Moscow Med Show».

«Guten Tag» heisst dann nicht «Mahaba», sondern «Dobriy den» und «danke» nicht «sukran», sondern «spasiwa».


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