Editorial

Traumjob ja oder nein?

Was haben Sie heute geträumt? War es die Traumreise, das Traumhaus oder gar der Traumberuf? Lassen Sie mich raten. Traumberuf wohl eher nicht, denn vielleicht haben Sie ihn ja gefunden und gehen der Tätigkeit nach, die Sie erfüllt. Um dennoch beim Thema Beruf zu bleiben: Mich beschäftigt der neue Traumjob zahlreicher junger Frauen und Männer: Influencerin oder eben Influencer.

Mit einer gewissen Faszination (und Skepsis) für die Social Media-Welt (ver)folge ich (Followerin) Informationen zu dieser Tätigkeit mit scheinbar hohem Kultstatus. Nebst dem Fun, Marken oder Produkte in sozialen Netzwerken zu präsentieren, scheint diese Aktivität zudem äusserst lukrativ zu sein. Damit wir uns richtig verstehen: Ich möchte herausfinden, was denn so cool ist, Influencerin zu sein. Ehrlicherweise muss ich mir dazu zunächst selbst die Frage stellen, ob nicht auch ich eine Influencerin bin mit dem, was ich tue, im Beruf, den ich ausübe? Beeinflusse ich etwa? Die Antwortet lautet: Ja, ich bin Meinungsmacherin, wenn ich texte, redigiere und Gazzetta-Beiträge platziere.

Ich stehe ja auch, wie wir alle, für ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Marke. Wenn Sie so wollen: Als Arbeitnehmerin stehe ich unter dem Einfluss des Universitätsspitals. Wenn ich mit meinem Handeln dazu beitrage, dass man von unserem Haus eine gute Meinung hat, lasse ich mir die Bezeichnung Influencerin gefallen. Also doch: Traumjob! Ich freue mich über Follower in die Herbst-Gazzetta.

Ihre Gina Hillbert


In Tansania

«tupo pamoja» heisst «wir sind hier zusammen»

Tansania: Chronic Diseases Clinic Ifakara und St. Francis Referral Hospital – die Gazzetta hat 2008 über das gemeinschaftliche Projekt des Swiss Tropical and Public Health Institute und des Universitätsspitals Basel im ländlichen Afrika berichtet. Über den Einsatz eines interprofessionellen Teams der Gynäkologie im Kitete Referral Hospital in Tabora erschien Ende 2016 ebenfalls ein Gazzetta-Artikel. Dass sich in diesen tansanischen Spitälern sehr viel getan hat, davon konnte sich eine Delegation aus dem USB Anfang Juli 2018 selbst überzeugen.

Dar es Salaam

Am ersten Tag besuchten wir in Dar es Salaam den Hauptsitz des Ifakara Health Institute und dessen Direktor, Dr. Honorati Masanja. Das Ifakara Health Institute ist eine der führenden Forschungsorganisationen in Ostafrika im Bereich Entwicklung, Testung und Validierung von Innovationen für eine verbesserte Gesundheit. Gewachsen aus dem Swiss Tropical Institute Field Laboratory unter Dr. Rudolf Geigy hat es sich in enger Zusammenarbeit mit dem Swiss Tropical and Health Institute – und v.a. dem immer wieder eindrücklichen Engagement von Prof. Marcel Tanner – über die Jahre weiterentwickelt und ist seit 1993 tansanisch geführt. Im Gründerort Ifakara befinden sich die Chronic Diseases Clinic sowie grosse Vektorforschungs-Stationen für etymologische Fragestellungen. Ein weiterer Standort ist in Bagamoyo an der Küste, wo das Ifakara Health Institute eine grosse Clinical Trial Site, Laboratorien und Training Units aufgebaut hat. In Dar es Salaam befinden sich die Headquarters mit zentralisierten Dienstleistungen. Als unabhängige Non- Profit-Organisation verschreibt sich das Ifakara Health Institute der Forschung für die Verbesserung von Gesundheit, der Dienstleistung und der Implementierung von Gesundheitsinterventionen mit partnerschaftlichen Projekten auf nationaler und internationaler Ebene.

Ifakara

Nach einem kurzen Besuch haben wir uns auf den Weg nach dem 420 km entfernten Ifakara gemacht. Mit dem Auto landeinwärts nach Westen, durch den Mikumi Nationalpark und zum Schluss anstrengende 150 km über eine Staubpiste ins Kilombero-Tal nach Ifakara, wo wir nach gut neun Stunden ankamen.

Das St. Francis Referral Hospital in Ifakara – zu Beginn des letzten Jahrhunderts als Missionsspital gebaut – gehört nach wie vor der Kirche. Es funktioniert aber heutzutage als Zuweisungszentrum im Auftrag des staatlichen Gesundheitssystems. Dr. Winfried Gingo, Spitaldirektor, Chirurg und Pfarrer, hat uns durch das Spital geführt. Mit 360 Betten, einer Notfallstation (seit 2015), Spezialkliniken für Chirurgie, Innere Medizin, Pädiatrie, Geburtshilfe, Ophthalmologie sowie der HIV- und Tuberkulose-Klinik (Chronic Diseases Clinic Ifakara) versorgt das St. Francis Referral Hospital ein Einzugsgebiet mit einer Million Einwohnern. Jährlich werden an die 40’000 Patientinnen und Patienten ambulant und stationär abgeklärt und behandelt. Der grosse Teil kommt aus den «umliegenden» Dörfern, die bis zu 150 km entfernt sind; die meisten sind Bauern, die von Reisanbau und Fischfang leben – und zunehmend gibt es auch eine kleinere, eher städtisch lebende Bevölkerungsschicht, die das Spital aufsucht.

Schwerpunkt HIV / AIDS-Therapie

Im Dezember 2003, als das verheerende Ausmass der HIV/AIDS-Epidemie auf dem afrikanischen Kontinent erkannt worden war und die exzellente Wirkung der HIV-Therapien ersichtlich wurde, haben sich die vier Institutionen (Swiss Tropical and Health Institute, Ifakara Health Institute, St. Francis Referral Hospital und das Universitätsspital Basel) entschieden, in einem hauptsächlich durch den Kanton Basel-Stadt finanzierten Projekt die nationalen Gesundheitsbehörden in Tansania beim Aufbaueiner HIV/Aids-Klinik in Ifakara zu unterstützen. Das Team der Chronic Diseases Clinic Ifakara – bisher vor Ort meist geleitet durch einen Infektiologen des Universitätsspitals Basel, hat seither an die 10’000 ambulante und stationäre Patienten mit Aids und einer HIV-Infektion betreut. Unter der Leitung von Prof. Manuel Battegay ist eine Patientenkohorte entstanden, die es erlaubt, die spezifischen Gegebenheiten von Patienten mit einer HIV-Infektion im ruralen Afrika besser zu verstehen und konkrete Interventionen zu machen. HIV/Aids- und Tuberkulose-Services haben wir integriert, um Patienten mit oft beiden Erkrankungen den Zugang zu vereinfachen.

Dr. Herry Mapesi, ein junger tansanischer Arzt, leitet nun die Klinik in enger Zusammenarbeit mit mir sowie dem Swiss Tropical and Health Institute. In einer für Tansania einzigartigen Modellklinik, der One Stop Clinic, wurde eine Familien-zentrierte Behandlung etabliert. Dr. Gertrud Mollel hat dort einen Schwerpunkt für Adoleszente mit HIV geschaffen, da diese besonders gefährdet gegenüber einer ungenügenden Therapie und damit einer Ansteckung von anderen sind.

Nach Tabora und Bagamoyo

Von Ifakara sind wir, da es eine mindestens zweitägige Autoreise bedeutet hätte, in einer 10-plätzigen Cesna nach Tabora in den Nordwesten geflogen, um das Projekt der Gynäkologie zu visitieren. Abgeschlossen haben wir die fünftägige Reise mit einem Besuch der Trial Unit und der Tuberkuloseforschungsstation des Ifakara Health Institute in Bagamoyo an der Küste. Ally Olutu, Leiter des Departements Intervention & Clinical Trials, hat uns durch die Räumlichkeiten geführt. Im Trial Site können grosse Phase-I/II-Studien durchgeführt werden, so zum Beispiel die Malaria Vaccine Trials oder auch Studien in der Entwicklung neuer Medikamente gegen eine Tuberkulose-Infektion.

Persönliches Fazit

Dass das Universitätsspital Basel sich nun entschlossen hat, diese lang bestehende Zusammenarbeit vermehrt zu unterstützen, freut mich besonders. Das Arbeiten im ruralen Afrika ist inspirierend – wenn auch oft anstrengend. Vieles können wir lernen von der Arbeit in einem Setting mit knappen Ressourcen: die notwendige Innovation im Alltag, die Freude am direkten Umsetzen und die Wichtigkeit der Zusammenarbeit (auf Swahili «tupo pamoja» oder «wir sind hier zusammen») – und natürlich gibt es weiterhin viel zu tun, um die Gesundheit der Menschen auch in diesem Teil der Welt zu verbessern. Während dieser kurzen Reise war beides immer spürbar: die Freude, die Offenheit an diesem «tupo pamoja» – aber auch die Bereitschaft, einen Beitrag zu leisten für die Gesundheit der Menschen hier.

tupo pamoja – wir sind hier zusammen: Die Delegation aus dem USB mit Kollegen der partnerschaftlichen Institutionen in Tansania: (v. l.) Prof. Albert Urwyler, Mitglied des Verwaltungsrats, Dr. Martin Rohacek, Leiter Notfallstation am St. Francis Referral Hospital, PD Dr. Maja Weisser Rohacek, Kaderärztin Infektiologie & Spitalhygiene, Prof. Marcel Tanner, Mitglied des Verwaltungsrats, Dr. Honorati Masanja, Direktor Ifakara Health Instititute, Dr. Werner Kübler, Spitaldirektor, Dr. Charles Mayombana, emeritierter Arzt und Forscher, Prof. Manuel Battegay, ChefarztInfektiologie & Spitalhygiene, Dr. Kafurukis Shubis, Leiter Department Training and Capacity Building, PD Dr. André Kind, Leitender Arzt Gynäkologie, Dr. Omar N. Lweno, Wissenschaftler Ifakara Health Institute und ein Mitarbeiter.

tupo pamoja – wir sind hier zusammen: Die Delegation aus dem USB mit Kollegen der partnerschaftlichen Institutionen in Tansania: (v. l.) Prof. Albert Urwyler, Mitglied des Verwaltungsrats, Dr. Martin Rohacek, Leiter Notfallstation am St. Francis Referral Hospital, PD Dr. Maja Weisser Rohacek, Kaderärztin Infektiologie & Spitalhygiene, Prof. Marcel Tanner, Mitglied des Verwaltungsrats, Dr. Honorati Masanja, Direktor Ifakara Health Instititute, Dr. Werner Kübler, Spitaldirektor, Dr. Charles Mayombana, emeritierter Arzt und Forscher, Prof. Manuel Battegay, ChefarztInfektiologie & Spitalhygiene, Dr. Kafurukis Shubis, Leiter Department Training and Capacity Building, PD Dr. André Kind, Leitender Arzt Gynäkologie, Dr. Omar N. Lweno, Wissenschaftler Ifakara Health Institute und ein Mitarbeiter.

Anziehungspunkt für junge Ärztinnen und Ärzte

Die Chronic Diseases Clinic Ifakara ist auch eine exzellente Plattform für die Aus- und Weiterbildung junger Ärztinnen und Ärzte, da sie Klinik und Forschung verbindet, was in Tansania eine Seltenheit ist und auf grosses Interesse stösst. Es ist sehr erfreulich, dass junge Ärztinnen und Ärzte aus Tansania hoch motiviert sind, sich im ruralen Afrika klinisch oder im Rahmen eines Forschungsprojektes zu engagieren. Ifakara ist auch ein Anziehungspunkt für Ärzte und Studierende aus anderen Ländern, die in einem solchen Setting Erfahrung sammeln und Eigenes beitragen wollen. Die Forschung, deren Fragen sich aus dem klinischen Alltag ergeben, dient dem vertieften Verständnis der speziellen Gegebenheiten in der Behandlung einer chronischen HIV-Infektion im ländlichen Afrika und der Betreuung und Therapie an Aids erkrankter Patienten. Einige der Forschungsprojekte haben uns die Ärzte der Chronic Diseases Clinic Ifakara in einer konzentrierten Session mit «speedtalks» vorgestellt: Dr. Ezekiel Luoga über die Wirksamkeit der antiretroviralen Medikamente zur Verhinderung einer HIV-Übertragung von der Mutter auf das Kind während einer langen Stillperiode, Dr. Herry Mapesi über die Zunahme chronischer, nicht-übertragbarer Krankheiten bei Menschen mit einer HIV-Infektion, Dr. Robert Ndege über den Einsatz von Sonographie für die Diagnose einer extrapulmonalen Tuberkulose und Dr. Gertrud Mollel über virale Suppressionsraten bei Adoleszenten.


Für den Notfall eingerichtet

Die neue Notfallstation mit einem Triage-System und einem Schockraum wurde 2015 von Dr. Martin Rohacek und Dr. Elisante Mchovmu gestartet. Jährlich werden hier an die 36’000 Patientinnen und Patienten betreut. Die wichtigsten Krankheiten sind akute respiratorische, urogenitale und andere Infekte (inklusive Malaria). Leider nehmen Verkehrsunfälle deutlich zu, was eine komplexe Versorgungskette bedingt – von der Ambulanz über die rasche Triage, Notfallversorgung, Operation und Verlegung, was bei den grossen Distanzen und schlechten Strassen schwierig bleibt. Sehr hilfreich ist die Implementierung der point-of-care-Sonographie im Notfallbereich, die sich zu einem der wichtigsten diagnostischen Hilfsmittel entwickelt hat und deren Anwendung in regelmässigen Teachings vertieft und im Alltag verankert wird.

HIV/AIDS mit der am häufigsten auftretenden Folgeinfektion Tuberkulose bleibt Todesursache Nummer eins im südlichen Afrika. Unglaublich viel ist durch die inter- nationale Zusammenarbeit erreicht worden: Die Lebenserwartung ganzer Länder hat um bis zu über zehn Jahre zugenommen; viele Menschen führen unter einer antiretroviralen Therapie ein normales Leben. Und dennoch ist es wichtiger denn je, das Engagement weiterzuführen, um die Todesrate weiter zu senken und Neuinfektionen – durch Behandlung möglichst aller Betroffenen – zu unterbinden. Der Fokus liegt auf vulnerablen Personen, vor allem Jugendlichen und Schwangeren. Dank der heute auch im ruralen Gebiet guten HIV-Therapiemöglichkeiten sind über 90 Prozent unserer Patientinnen und Patienten virologisch kontrolliert. Dabei werden mit erhöhter Lebenserwartung andere chronische Krankheiten als Problem erkennbar, zum Beispiel die arterielle Hypertonie und die chronische Niereninsuffizienz.


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