Editorial

Traumjob ja oder nein?

Was haben Sie heute geträumt? War es die Traumreise, das Traumhaus oder gar der Traumberuf? Lassen Sie mich raten. Traumberuf wohl eher nicht, denn vielleicht haben Sie ihn ja gefunden und gehen der Tätigkeit nach, die Sie erfüllt. Um dennoch beim Thema Beruf zu bleiben: Mich beschäftigt der neue Traumjob zahlreicher junger Frauen und Männer: Influencerin oder eben Influencer.

Mit einer gewissen Faszination (und Skepsis) für die Social Media-Welt (ver)folge ich (Followerin) Informationen zu dieser Tätigkeit mit scheinbar hohem Kultstatus. Nebst dem Fun, Marken oder Produkte in sozialen Netzwerken zu präsentieren, scheint diese Aktivität zudem äusserst lukrativ zu sein. Damit wir uns richtig verstehen: Ich möchte herausfinden, was denn so cool ist, Influencerin zu sein. Ehrlicherweise muss ich mir dazu zunächst selbst die Frage stellen, ob nicht auch ich eine Influencerin bin mit dem, was ich tue, im Beruf, den ich ausübe? Beeinflusse ich etwa? Die Antwortet lautet: Ja, ich bin Meinungsmacherin, wenn ich texte, redigiere und Gazzetta-Beiträge platziere.

Ich stehe ja auch, wie wir alle, für ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Marke. Wenn Sie so wollen: Als Arbeitnehmerin stehe ich unter dem Einfluss des Universitätsspitals. Wenn ich mit meinem Handeln dazu beitrage, dass man von unserem Haus eine gute Meinung hat, lasse ich mir die Bezeichnung Influencerin gefallen. Also doch: Traumjob! Ich freue mich über Follower in die Herbst-Gazzetta.

Ihre Gina Hillbert


Uni und Unispital

«Verständnis für das Gegenüber ist zentral.»

Wissenschaftliche Mitarbeitende sind im Universitätsspital reich an der Zahl – das liegt auf der Hand. Zu einem Universitätsspital gehört die Wissenschaftlichkeit. Die Gazzetta hat sich für das E-Mail-Interview Patricia Vogler ausgesucht. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Direktion begleitet sie wichtige Prozesse an der Schnittstelle zur Universität.

Patricia Vogler, Sie sind wissenschaftliche Mitarbeiterin der Direktion. Mit welchem Aphorismus zu «Wissen» beziehungsweise zu «Wissenschaft» können Sie sich auf Anhieb identifizieren und weshalb?
Patricia Vogler: Mir gefällt der Vers des römischen Dichters Horaz «Sapere aude!», der meist mit «Wage es, weise zu sein!» übersetzt wird. Ich höre aus diesem Zitat aber nicht nur die Ermutigung («Wage es!») heraus, sondern auch den Auftrag: «Sei begierig zu verstehen!», da das Wort «audere» neben «wagen» auch mit «begierig sein» übersetzt werden kann. Als «Sprachenmensch» freut mich ebenso die ursprüngliche Bedeutung des lateinischen Wortes «sapere», das mit «schmecken», «riechen», «merken» und dann im übertragenen Sinne mit «Weisheit erlangen», «verstehen» übersetzt wird. Das zeigt sehr schön, wie ursprünglich sinnlich, über Zunge und Nase aufgenommene Eindrücke zu neuem Wissen führten und diese gesammelten Eindrücke zu persönlicher Weisheit. Sich Wissen anzueignen, Wissen aufzubereiten oder Wissen zu schaffen, bedeutet für mich – wie in diesem Zitat – Auftrag und Wagnis zugleich sowie am Ende ein Gewinn, ein persönlicher und idealerweise auch einer für eine kleinere oder grössere Allgemeinheit.
Die Wissenschaft liegt Ihnen also. Was ist denn das Wissenschaftliche an Ihrer Arbeit?
Da ich selbst keine Wissenschaft betreibe, müsste ich korrekterweise sagen, dass mir die Wissenschaft «am Herzen» liegt. Ich erachte sie als essenziell in unserer Gesellschaft. Sie sollte aber stets gesellschaftsrelevant sein und Lösungen für anstehende Fragen und Probleme suchen, sei es auf naturwissenschaftlicher oder kulturwissenschaftlicher Ebene. Ich habe im Studium der Geisteswissenschaften das Werkzeug erlernt, wissenschaftlich zu arbeiten; Texte zu lesen, zu verstehen, infrage zu stellen oder selbst zu verfassen. Mein Funktionstitel «Wissenschaftliche Mitarbeiterin» ist für viele irreführend, aber eine offizielle Kategorie innerhalb einer akademischen Karriere, die sich zwar ausserhalb der eigentlichen universitären Lehre und Forschung bewegt, aber Personen des universitären oder kantonalen oberen Managements in deren Aufgaben unterstützt.
Um welche Aufgaben handelt es sich hauptsächlich?
In der Direktion bin ich im Dienste der universitären Medizin unterwegs: Ich überwache und bearbeite für den Spitaldirektor die Themen, die innerhalb der Kooperation mit der Universität in den dafür vorgesehenen Gremien behandelt werden und koordiniere die Berufungsverhandlungen in unserem Haus, also die Anstellungen unserer Chefärztinnen und Chefärzte. Dazu betreue ich die Dossiers einiger nationaler Verbände, in welchen Werner Kübler Vorstandsmandate innehat, das heisst, ich bearbeite entsprechende Traktanden, übernehme Recherchen zu bestimmten Themen und koordiniere unsere politischen Stellungnahmen.
Von aussen betrachtet sind die Berufungsverhandlungen vermutlich eine ganz spannende Angelegenheit, die viel Fingerspitzengefühl erfordern. Können Sie uns einen Einblick geben, wie ein solches Anstellungsprozedere verläuft?
Berufungsverhandlungen bilden den Abschluss des Auswahlverfahrens von klinischen Professorinnen und Professoren, die gleichzeitig Chefärztinnen und Chefärzte (oder deren Stellvertretende) am USB sind. In diesem Verfahren wählt eine Berufungskommission mit Mitgliedern des USB und der Medizinischen Fakultät die passendsten ein bis drei Personen für eine offene Stelle aus. Mit der erstplatzierten Person folgen dann, nach Freigabe durch den Universitätsrat und den Verwaltungsrat des USB, die sogenannten Berufungsverhandlungen, die vom Spitaldirektor gemeinsam mit dem Dekan der Medizinischen Fakultät geführt werden. In diesen meist zwei Gesprächsrunden werden die im Rahmen der bestehenden Regularien verhandelbaren Einzelheiten der Anstellungsbedingungen für die Dienstleistung sowie die Lehre und Forschung vertraglich «ausgehandelt».
Was ist Ihr Part in diesem Prozess?
Meine Aufgabe ist es, die verschiedenen Schnittstellen abzudecken: jene zwischen Direktion und Fakultät, jene zwischen Direktion und Rektorat sowie jene zwischen Direktion und unseren internen HR-Stellen. Ich stelle den Informationsfluss zwischen den beteiligten Institutionen sicher, das Anpassen und den Austausch der unterzeichneten Dokumente sowie die Abklärung offener Fragen. Dabei laufen sozusagen alle Fäden bei mir zusammen und hier ist das von Ihnen angesprochene Fingerspitzengefühl sehr gefragt.
Ich nehme an, dies bezieht sich vor allem auf die Art und Weise, wie Sie mit den Beteiligten kommunizieren.
Genau. Dabei steht für mich in jedem Augenblick der respektvolle Umgang an erster Stelle. Der Ablauf mit den verschiedenen Akteuren des USB und der Universität ist sehr gut eingespielt, die anfallenden Fragen und Abklärungen sind jedoch stets individuell verschieden je nach Persönlichkeit, Lebenslage und Herkunft der zu berufenden Person. Wobei hier nicht in erster Linie die Nationalität gemeint ist, sondern vor allem die Herkunftsklinik mit ihrer entsprechenden Arbeitskultur. Es ist mir sehr wichtig, auf diese individuellen Bedürfnisse einzugehen, vorliegende Fragen rasch zu klären und jederzeit Ansprechpartnerin zu sein.
Würden Sie sich als Schnittstelle zwischen Universität und Universitätsspital bezeichnen?
Obwohl man diese Bezeichnung immer wieder hört, kann man als Person eigentlich keine Schnittstelle sein. Betrachte ich den Begriff genauer, betont er eher das Abgrenzende, den Schnitt, und nicht das Verbindende. Für mich ist aber genau das Verbindende in meiner Tätigkeit wichtig; die gemeinsamen Prozesse so zu gestalten, zu verbessern und zu unterstützen, dass sie – trotz zum Teil unterschiedlicher Interessen oder Sichtweisen – möglichst reibungslos laufen.
Sie sind bestimmt gefordert, Ihren Wissensschatz in einer Zeit der Veränderungen laufend zu erweitern.
Exakt. Um die Besonderheiten der Hochschullandschaft noch besser zu verstehen, habe ich an der Universität Zürich vor Kurzem den CAS-Studiengang «Leadership und Governance an Hochschulen» absolviert und bin nun mit noch grösseren Kenntnissen und Verständnis für die Veränderungsprozesse und aktuellen Problemstellungen der Hochschulen ausgestattet.
Was ist Ihnen im Zusammenwirken mit der Universität besonders wichtig?
Zentral ist für mich das Verständnis für das Gegenüber. Es ist für ein gutes Zusammenarbeiten unerlässlich. Zu diesem Verständnis gesellt sich fortlaufende «Beziehungsarbeit»: anstehende Themen gemeinsam behandeln, unterschiedliche Meinungen diskutieren; dies immer mit dem Ziel, sich einig zu werden, den Konsens zu finden. Denn beide Institutionen, Universitätsspital und Universität, sind aufeinander angewiesen, wollen sich auf Augenhöhe begegnen und sich gemeinsam für die universitäre Medizin einsetzen. Ich sehe mich als ein Zahnrad in diesem System und möchte mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass wir am USB unter gegenseitigem Respekt ein gutes Umfeld für diese universitäre Medizin schaffen können, ganz zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten, um die es uns hauptsächlich geht und für die wir hier unser Bestes geben.

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