Editorial

Neustart: Nie ist alles neu

Manchmal müssen wir das System runterfahren und einen Neustart machen. Vertraute Symbole auf dem Screen zeigen uns dann, dass wieder alles funktioniert. Glück gehabt. Es kann also weitergehen im selben Trott.

Wetten, dass jede und jeder von uns schon mehrmals von einem echten Neustart geträumt und Mitmenschen beneidet hat, die ihn gar gewagt haben. Den lebensverändernden Schnitt bewusst durchzuziehen, hat meist einen positiven Effekt auf die Lebensfreude. Manchmal greift jedoch das Schicksal in unseren Lebensplan ein und zwingt uns zu einem Neuanfang, wo wir es uns zunächst überhaupt nicht vorstellen können. Das Neue muss erst einen Weg zu einem selber finden.

Wir stehen vor einem neuen Jahr. Manche Programme werden wie gewohnt weiterlaufen. Wir vertrauen darauf, dass sie gut funktionieren und uns ans Ziel bringen. Wenn wir an einem Neustart stehen, dann beginnen wir mitunter gefühlt bei Null. Tatsächlich aber haben wir den Nullpunkt bereits hinter uns gelassen und sind auf dem Weg zu etwas Neuem: Start-up statt durchstarten.

Wo immer Sie stehen, ich wünsche Ihnen für Ihr persönliches Programm nur das Beste und einen guten Start ins neue Jahr.


Ihre Gina Hillbert


Lean Management in der Administration –

Ist das möglich?

v.l.n.r.: Silvia Traut (Stv. Leiterin Kreditorenbuchhaltung), Karl-Heinz Hartmann (Leiter Kreditorenbuchhaltung), Andreas Benseler (Operativer Einkauf), René Cotting (Leiter Operativer Einkauf), Irène Heid (Ressort Finanzen Assistenz & Projekte, Lean Managerin), Susanne Waech (Lean@USB, Lean Expertin).

v.l.n.r.: Silvia Traut (Stv. Leiterin Kreditorenbuchhaltung), Karl-Heinz Hartmann (Leiter Kreditorenbuchhaltung), Andreas Benseler (Operativer Einkauf), René Cotting (Leiter Operativer Einkauf), Irène Heid (Ressort Finanzen Assistenz & Projekte, Lean Managerin), Susanne Waech (Lean@USB, Lean Expertin).

Ist die Einführung von Lean Management in der Administration des Universitätsspitals überhaupt möglich? Das war im Frühjahr 2017 eine oft gestellte Frage, auf die Lean@Finanzen eine klare Antwort hat.

Für uns als Lean Managerin und Lean Expertin ist es klar: Konzept und Denkweisen (Philosophie) von Lean Management lassen sich in den administrativen Bereichen des USB erfolgreich anwenden. Sie sind nicht etwa beschränkt auf klassische Produktionsbereiche einer Firma oder auf die klinischen Bereiche eines Spitals. Mit dem Entscheid der Spitalleitung Anfang 2017, das Programm Lean@USB bis Ende 2019 auch in den nicht-klinischen Bereichen zu starten, war im Ressort Finanzen klar, dass sie von Anfang an dabei sein wollten.

Zuerst war ich skeptisch und war mir nicht sicher, ob das im Finanzbereich überhaupt etwas bringen kann. Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Die Veranstaltungen wurden durch Irène Heid und Susanne Waech sehr gut moderiert. Alle waren gut vorbereitet und haben die Prozesse anschaulich dargestellt. Die Mitarbeitenden bekommen hier eine Plattform und können selbst initiativ werden. Gut ist, dass die Prozessprobleme vor Ort präsentiert und diskutiert werden können. Die Personen, die sich sonst vielleicht nur vom Telefon her kennen, lernen sich persönlich kennen und erfahren – durch die Präsentation vor Ort – live von den Problemen des jeweils anderen. Man tauscht sich aus und kommt überraschenderweise doch recht schnell zu einem Ergebnis, das den Prozess verbessert. Regelmässige Gemba-Walks führen sicherlich zu einer Optimierung der Prozessabläufe. Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt; man fühlt sich ernst genommen. Weiter so!»

Karl-Heinz Hartmann, Kreditorenbuchhaltung

Zielrichtung
Die Teams im Ressort Finanzen sind in sich gut koordiniert und können schnell auf Veränderungen reagieren. Die Problematik liegt in der Prozesskette, den Schnittstellen mit den vor- und nachgelagerten Aufgaben, die von den Teams abteilungs- und bereichsübergreifend wahrgenommen werden. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, diese Wertströme zu einem standardisierten Fluss zu machen.
Die Frage auf die Frage
Im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) können Mitarbeitende Ideen zur Verbesserung einbringen. Eine Mitarbeiterin in der Kreditorenbuchhaltung hat sich gefragt, weshalb einmal ihre Abteilung und ein andermal Kolleginnen und Kollegen vom Operativen Einkauf den pendenten Buchungsfall eines bestellten medizinischen Artikels erledigen, der nicht automatisch vom System verarbeitet worden ist. Wie soll nun diese Fragestellung bearbeitet werden? Wir beschlossen, uns die Situation genau am Ort des Geschehens anzusehen, indem wir einen Gemba-Walk organisierten.
An der Wegstation 1
Die Mitarbeitenden und ihre direkten Vorgesetzten wurden zur Teilnahme am Rundgang eingeladen. Der Ablauf beginnt bei der Fragestellerin an ihrem Arbeitsplatz, an der Wegstation 1. Alle versammeln sich um den Arbeitsplatz mit Sicht auf den Bildschirm. Die Vorgesetzten stehen auf der Seite und unterstützen bei Fragen und Entscheiden. Die Hauptakteure sind jedoch die beiden Fachleute von Einkauf und Kreditorenbuchhaltung. Im Blickfeld haben sie den Wertstrom zum Geschäftsvorfall. Dieser beginnt mit dem Antrag des Arztes zur Bestellung eines medizinischen Artikels und endet mit der Bezahlung der Rechnung des Lieferanten durch die Kreditorenbuchhaltung. Die Kreditorenbuchhalterin beginnt mit dem Einstieg in den Geschäftsvorfall am Bildschirm und den Erklärungen zu den angezeigten Daten und Informationen. Viele dieser Daten sieht auch der Operative Einkäufer jeweils auf seinem Bildschirm. Einige Daten, die erst hier im Buchungsprozess entstehen, sind für ihn aber neu. Die gemeinsame Sprache zum Sachverhalt (der Operative Einkäufer nennt es «Incoterm FH», die Kreditorenbuchhalterin bestätigt «Lieferung Freihaus») ebnet rasch das Terrain für eine gute Atmosphäre. Alle sind im Thema angekommen, man versteht sich sehr gut. Jeder sieht, hört und versteht die Fragen und Antworten zum gemeinsamen Geschäftsvorfall bzw. Geschäftsfall.

Interessant am Gemba-Walk ist, die Arbeitsabläufe im Gesamten zu sehen und einen Gesamteindruck zu erhalten. Somit auch zu verstehen, wie andere Beteiligte arbeiten und dadurch ein besseres Verständnis füreinander zu erhalten. Positiv finde ich, wie die Abteilungen gemeinsam an einer Lösung arbeiten.»

Silvia Traut, Kreditorenbuchhaltung

Im Direktkontakt
Der direkte Kontakt am Arbeitsplatz schafft den Rahmen für individuelle Fragen und fördert spontane Inputs bei allen Beteiligten. Man spürt, dass sich alle stark auf den Sachverhalt konzentrieren. Die Fragen zu den einzelnen Facetten der Verarbeitung werden gestellt und von der Gegenseite verstanden. Das gemeinsame Verständnis wächst zusehends. Dem ersten Staunen, wie konzentriert die Sache besprochen werden kann, folgt nun ganz offensichtlich die Freude aller Anwesenden über das gemeinsame Vorgehen zum Geschäftsvorfall. Die Uhr zeigt uns, die Zeit ist um, wir müssen aufbrechen.
An der Wegstation 2
Nun begeben wir uns zum Arbeitsplatz des Operativen Einkäufers im Gebäude auf der anderen Strassenseite. Wir machen dort die gleiche Aufstellung rund um diesen Arbeitsplatz. Wir nennen es Wegstation 2. Ein anderes Büro und eine andere Arbeitsplatzeinteilung wirken auf uns. Der Einkäufer steigt in den Geschäftsfall am Bildschirm ein und erklärt seine Sicht der Daten und Informationen, die er für die Bestellung benötigt. Wir sind ja rückwärts im Wertstrom von der Lieferantenrechnung nun zur Bestellung vorgedrungen. Viele Fragen zum Verständnis und Vorschläge, was und wie wir es anders machen können, werden gemacht. Die gemeinsame Arbeit an ein und demselben Geschäftsfall wird transparent. Manche Mitarbeitende sehen sich zum ersten Mal und lernen sich persönlich kennen. Die gegenseitige Anerkennung für viele kleine Dienstleistungen wird ausgedrückt. Die direkte Kommunikation und der persönliche Austausch führen zu einer Stimmung, welche die gemeinsame Lösungsfindung fördert.
Abschlussrunde und erste Entscheide
Die Uhr zeigt uns, die Zeit ist um. Wir bleiben am Ort und machen die Abschlussrunde zum Gemba-Walk. Wir fassen die Erkenntnisse der beiden Wegstationen zusammen. Wir fragen uns, wo es rund läuft und wo unsere Arbeit stockt. Das führt uns zu den eigentlichen Problemen und folglich zu den Zielen und möglichen Massnahmen. Unser gemeinsames Ziel ist es, den Fluss ohne Unterbruch für die zu bestellenden medizinischen Artikel zu erzeugen. Zeit für Fazit und erste Entscheide. Das Ergebnis in der kurzen Zeit überrascht uns.

Der persönliche Austausch mit den Prozessbeteiligten war sehr konstruktiv und hat das gegenseitige Verständnis gefördert. Es konnte eine gute Basis für die Optimierung des Rechnung-Workflow-Prozesses gelegt werden. Das Weiterführen der Gemba-Walks und der persönliche Austausch sollen sicher weiterhin stattfinden.»

René Cotting und Andreas Benseler, Operativer Einkauf

Lean@Finanzen mit Lean@Einkauf ist nun Programm
Im Lean Management wird der Mitarbeitende mit seinem Wissen und Können kooperativ am Kontinuierlichen Verbesserungsprozess beteiligt. Er wirft mit der Idee zur Verbesserung den Stein in den ruhenden See. Der Spirit für die Zusammenarbeit entsteht auf dem Gemba-Walk. Sich kennenzulernen und im Netzwerk zu arbeiten, bildet den Kitt dafür, gemeinsam den Wertstrom in den Schnittstellen ohne Verschwendung erzeugen zu können. Die Einfachheit, die eigene Sicht auf den Sachverhalt seinem Kollegen oder seiner Kollegin erklären zu können, erzeugt die Konzentration auf die Fragestellung und nimmt die Emotionen heraus. Vor Ort kann alles gezeigt werden. Das stärkt das gegenseitige Vertrauen, gemeinsam am gleichen Geschäftsvorfall zu arbeiten. Der in den See geworfene Stein bildet Wellen; sinnbildlich für die zusätzlich nach dem Gemba-Walk aufgegriffenen Massnahmen. Diese Bestätigung für den Mitarbeitenden macht den Kulturwandel aus: Das gemeinsame Erleben der Lösungssimulation bis zu deren Standardisierung führt zu mehr Qualität, Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit. Die beiden Teams arbeiten fortan in einer guten Grundstimmung miteinander.

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