Editorial

Es ist nie zu spät

… sich auf den Weg zu machen. Ich denke dabei an Matthias Wimmer und das Urologie-Team, die sich auf eine Reise begaben, an Johanna Biedermann, die im späten Karriereabschnitt intern den Job gewechselt hat, an Silvia Haag, die durch ihre Erkrankung neue Seiten in sich entdeckt, an Sabine Kohler, die auf Medizin 7.2 nichts am Wegrand liegen lässt und an Heinz Schuhmacher, der auf einem Spaziergang im Sommer an Weihnachten erinnert wird. Diesen und weiteren Mitmenschen werden Sie in dieser Gazzetta-Ausgabe begegnen. Alle geben uns Botschaften mit auf den Weg. Botschaften, die vielleicht genau ins Zentrum treffen.

«Zeige dich, wie du bist oder sei, wie du dich zeigst.» Dieser Sinnspruch des persischen Dichters Rumi aus dem 13. Jahrhundert ist mir kürzlich zugefallen. Sie kennen das? Manchmal fliegen einem Botschaften zu. Doch was wollen sie sagen? Es ist nie zu spät, in sich zu gehen.

Ich wünsche Ihnen viele frohe Botschaften und die Zeit, diese mitzunehmen auf Ihren Weg.


Ihre Gina Hillbert


Bruchlandung

im siebten Himmel

Chirurgie 7.1 - im siebten Himmel<br>

Chirurgie 7.1 - im siebten Himmel

Nach Bruch gelandet im Unispital, 7. Stock: Kann man sich tatsächlich im Spital wie im siebten Himmel fühlen? Die Patientin Heide Tullberg-Reinert erzählt, wie ihr vor einem Jahr in der Vorweihnachtszeit geschah.

Der Titel meiner kleinen Geschichte liegt ganz nahe bei der Wirklichkeit: Der Armbruch geschah mitten in der Nacht, als ich wegen einem dringenden Bedürfnis aufgewacht bin. Schlaftrunken verfehlte ich meine Bettkante und schlug im freien Fall mit grosser Wucht auf dem Boden auf. Sofort spürte ich, dass etwas Seltsames geschehen war: Der linke Arm gehörte irgendwie nicht mehr zum Rest meines Körpers; er flatterte frei herum und auch die Berührungen mit der rechten Hand waren fremd. Wie ich es dennoch schaffte, mich vom Schlafzimmer bis zur Toilette zu schleppen, verstehe ich bis heute nicht. Jedenfalls gelang das und ich kam auch irgendwie wieder zurück zum Bett. Dann fing ein unheimliches Schütteln an, der ganze Körper bebte, zunächst noch immer ohne Schmerzen. Der Schock war zu gross, der gebrochene Arm hing noch immer wie ein Fremdkörper herunter und die linke Hand war fast gefühllos.

In meiner Verzweiflung schrie ich meinen Mann aus dem Schlaf. «Hilf mir, Kjell, ich bin gestürzt, mit meinem linken Arm stimmt etwas nicht, er hängt wie ein fremdes Objekt neben mir, ich spüre den Arm nicht mehr, ich brauche Hilfe, ich brauche einen Notarzt, rufe bitte sofort an!». Dann kamen die Schmerzen und sie kamen heftig, bis sie erneut von einem heftigen Schüttelanfall begleitet wurden. Fast besinnungslos lag ich im Bett. Bis die Ambulanz kam, befand ich mich in einer Art Schockzustand, vermutlich dank Endorphinen, die deutlich wirkten. Ungefähr 20 Minuten nach Kjells Anruf kamen die Retterinnen und versorgten mich mit starken Schmerzmitteln. Dann fuhr uns die Ambulanz ins Notfallzentrum des Unispitals.

Die Röntgenaufnahmen zeigten ganz deutlich einen komplexen Bruch des linken Oberarms. Nachdem man mich sorgfältig untersucht hatte, verlegte man mich in ein Spitalbett auf die Abteilung Chirurgie 7.1. Mein Bruch und ich waren also gelandet «im siebten Himmel», das heisst, im 7. Stock des Klinikums 1 und in der Obhut sorgfältiger klinischer Betreuung.

An die ersten Tage kann ich mich nicht genau erinnern, ich hatte auch wenig Aufzeichnungen gemacht in mein kleines Büchlein, das immer auf dem Tisch neben dem Bett lag. Die starken Schmerzmedikamente versetzten mich in eine Art Dämmerzustand. Um die Operation kam Chirurgie 7.1 – im siebten Himmel 16 4.18 Patientengeschichte ich nicht herum. Prof. Daniel Rikli erklärte mir kurz und bündig: «Ohne Operation können wir Ihren Oberarm nicht zuverlässig stabilisieren». Der Eingriff verlief gemäss eingespielter Routine. Ich wachte ohne Komplikationen wieder auf. Danach wurde ich in mein Zimmer gefahren. Das lag sehr günstig; gegenüber dem Aufenthaltsraum des Pflegepersonals. Im Bedarfsfall war also schnell jemand bei mir. Und so erlebte ich meinen Spitalaufenthalt nach meiner Bruchlandung tatsächlich wie im siebten Himmel, auch wenn sich das etwas überspitzt anhören mag.

Die Behandlung meines Armbruchs war tatsächlich meine erste Erfahrung als Patientin im Unispital. Meine positiven Erfahrungen haben mir sehr viel Vertrauen in diese Institution gegeben. Ich bin sehr dankbar, was in mir den Wunsch geweckt hat, meine Zufriedenheit auszudrücken und mit diesem Beitrag weiterzugeben. Beeindruckt haben mich die Pflegenden, die sich immer nach meinen Schmerzen erkundigten, mir regelmässig Blutdruck und Sauerstoffsättigung massen und mir die verordneten Medikamente verabreichten. Genossen habe ich auch die sorgfältige Körperpflege. Was für eine Wohltat und Himmelreich pur.

Wegen des zu hohen Blutdrucks schickte man mir einen Internisten. Mit ihm konnte ich fast eine Stunde lang sprechen. Dass es so etwas noch gibt!

Auch die Begegnung mit der Stationsleiterin, Sibylle Waldmann, war sehr angenehm. Diese Frau strahlte eine wunderbare Wärme und Ruhe aus. Mit ihr gab es einmal ein schönes Gespräch während meines «Stationsmarathons », dem notwendigen Spaziergang auf dem langen Gang. Mein Alltag wurde auch aufgeheitert durch die vielen «guten Geister», die das Zimmer reinigten. Am meisten Abwechslung brachte ohnehin das wechselnde Personal. Besonders «bunt» war das Reinigungspersonal zum Beispiel aus Portugal, Tibet, Italien. Die Raumpflegerin aus der Dominikanischen Republik war so fröhlich, ein Kind der Sonne. Die Pflegende aus dem Iran war besonders behutsam bei der Ausführung der Körperpflege. Wer dieses grosse Spital kennt, weiss, wie viele Menschen aus allen Weltgegenden hier zusammenarbeiten; das ist nicht einfach banales «Multi-Kulti», es fühlt sich an wie ein lebender Organismus.

Prof. Riklis Besuch war informativ und erheiternd wie immer. Manchmal kam er ohne «Hofstaat» zu einem kurzen, aufmunternden Gespräch. Auch war ich begeistert, einer sehr sympathischen Sozialarbeiterin zu begegnen, die für mich eine Reha-Nachbetreuung nach dem USB-Klinikaufenthalt organisierte. Und eines musste ich immer wieder feststellen: Schmerzen brauchte ich nie leiden hier, das war auch immer das Erste, was man abfragte. Und auch das tägliche Betreuen, die frische Wäsche, das sorgfältig zusammengestellte Essen; all das trug neben der medizinischen Betreuung dazu bei, dass ich wieder Kräfte schöpfte, auch Selbstheilungskräfte.

Das Schönste während der ganzen Zeit «im siebten Himmel» waren selbstverständlich die regelmässigen Besuche meines Mannes Kjell jeweils am Abend. Vom Hotellerie Service konnte ich dazu schöne Mahlzeiten bestellen, die wir dann gemeinsam am Abend einnahmen. Zum Gourmetmenü passend bestellten wir auch einmal eine kleine Flasche Rotwein. Der Hotellerie Service, der völlig unabhängig vom eigentlichen medizinischen Betrieb eine Art von gepflegter Hotelatmosphäre schafft, wartete mit schön gestalteten Speise- und Getränkekarten und täglich neuen Stoffservietten auf. Dieser Sonderservice machte für mich Sinn und unterbrach die medizinische Versorgung, den klinischen Alltag, auf besonders sympathische Weise. Die freundlichen Damen vom Hotellerie-Service bereiteten mir auch die schönsten Frühstücksteller mit Mini-Brötli und Trauben zu und zerkleinerten mir alles mundgerecht. Zum Kaffee gab es feine Brunsli, die fast so gut wie die meines Vaters schmeckten.

Für mich als Patientin lief fast alles «wie am Schnürli». Vielleicht gehörte ich ja zu den Pflegeleichten, bei denen alles rasch wieder aufwärts ging. Für mich wurde hier umsichtig gesorgt durch viele sehr engagierte Menschen. Allen möchte ich für ihr tägliches Tun herzlich danken. Trotz allen positiven Erfahrungen hoffe ich dennoch, dass ich so schnell nicht wieder mit einer Bruchlandung im siebten Himmel vom Klinikum 1 im USB landen werde.


Downloads


Kommentare (0)

Keine Kommentare zu diesem Artikel vorhanden. Sei die/der Erste, der diesen Artikel kommentiert.



Keine Ausgabe verpassen –
Erinnerungsservice abonnieren!