Verschwendungen aufspüren:
Mehr Zeit und Energie für unsere Patienten
Unterbrechungen, Wartezeiten, Rückfragen, Doppelspurigkeiten prägen unseren Arbeitsalltag. «Lean» bezeichnet sie als «Verschwendung» und teilt sie sieben Arten zu.
Sind wir potenzielle Verschwenderinnen und Verschwender? Zugegeben, die Frage tut weh, weil es darauf nur eine ehrliche Antwort geben kann, nämlich: «Ja». Verschwenden ist unnötiges Verbrauchen. Will heissen, Verschwendungen verbrauchen uns energetisch, kosten und rauben uns Zeit. Das Lean@USB-Programm setzt unter anderem dort an, wo Verschwendungen im Spitalalltag – oft gewohnheitsbedingt – unerkannt bleiben. Lean hat Instrumente, die helfen, nicht wertschöpfende Tätigkeiten aufzuspüren und Verschwendungen zu identifizieren. So können wir bereits zahlreiche Beispiele erfolgreich eliminierter Verschwendungen nennen. Das Erfreuliche dabei: Die Beteiligten gewinnen Energie und Zeit für sich und ihre Kernaufgaben.
Im Lean@USB ist eines unserer Ziele,Verschwendungen aufzuspüren und zu identifizieren. Dazu dient uns die Zuordnung der Tätigkeiten nach dem Grad der Wertschöpfung für den Patienten.
Die sieben Arten der Verschwendung und deren Lösungen
1. Überflüssige Bewegungen
Alle überflüssigen Bewegungen im Patientenbehandlungsprozess gelten als Verschwendung. Dies zeigt sich nicht nur im Gehen von unnötigen Wegen/Distanzen. Auch die Suche nach verlegten oder falsch abgelegten Dossiers, das Umräumen von Apparaten oder Möbelstücken, die im Weg stehen, ist verschwendete Zeit und Energie, die nicht dem Patienten zugutekommt.
Lean-Lösung im USB: Pflegetandems und mobile Pflegestationen
Die Pflegefachpersonen auf der Chirurgie 4.1 und 6.2 verfügen über standardisiert ausgerüstete Pflegewagen. Darin sind alle Materialien und Utensilien enthalten, welche für die Patientenrunde benötigt werden. So kann diese ohne Unterbrüche und unnötige Wege begangen werden.
2. Lange Warte- oder Liegezeiten
Patienten warten auf ihre Untersuchung, die Pflegenden auf die Ärzte, diese wiederum auf die Untersuchungsresultate. Wartezeiten entstehen, wenn die einzelnen Tätigkeiten und Abläufe im Spital nicht aufeinander abgestimmt sind oder einzelne Behandlungsschritte für einen Engpass sorgen.
Lean-Lösung im USB: Präoperative Sprechstunde
Die Einrichtung von festen Slots für Operateure sowie eine Reorganisation der Abläufe in der Augenklinik führten zu einer Reduzierung der Wartezeiten. Die Patientenzufriedenheit ist auf 85% gestiegen.
3. Überproduktion und -information
Alles, was für die Behandlung nicht erforderlich ist, wie die Durchführung doppelter oder zusätzlicher Untersuchungen, zu ausführliche Akten oder zu hohe Personalbesetzung bei niedrigem Arbeitsanfall. Aber auch unnötige Teamsitzungen fallen unter Überproduktion, die nicht zur Wertschöpfung beitragen.
Lean-Lösung im USB: Strukturierter Informationsaustausch
Früher wurden in der Chirurgie 4.1 im Verlauf des Tages viele Zeitfenster für einen situativen Informationsaustausch innerhalb und zwischen den Berufsgruppen beansprucht. Nun werden diese Informationen kurz und strukturiert in einem regelmässigen Rhythmus ausgetauscht.
4. Verarbeitung und Überverarbeitung
«Mehr» ist nicht immer «besser». So nützt mehrfaches Erfragen von Informationen (wie z. B. zu Vorerkrankungen) weder den Mitarbeitenden noch dem Patienten.
Lean-Lösung im USB: Weniger Anamneseerhebungen
Interprofessionelle Workshops in der Augenklinik bewirkten eine deutliche Reduktion der Anamneseerhebungen von Patienten in der präoperativen Sprechstunde.
5. Mängel und Fehler
Auch Fehler und mangelhafte Vorgehensweisen sind eine Form der Verschwendung, da eine Nachbearbeitung unnötig Zeit beansprucht. Zahlreiche Tools helfen uns dabei auf dem Weg zur Optimierung: Zum Beispiel Standards dienen der Fehlervermeidung, weil wir damit weniger von Einzelentscheidungen abhängig sind. Ausserdem fragen wir nicht «Wieso hast du den Fehler gemacht?», sondern «Wie konnte der Fehler passieren?». Nicht der Verursacher Mensch steht im Fokus, sondern der Prozess, in welchem der Fehler aufgetreten ist.
Lean-Lösung im USB: Neues Visitenkonzept
Für medizinische und pflegerische Prozesse werden in der Inneren Medizin standardisierte Vorgehensweisen festgelegt. Beispiele dafür sind die Definition von Visitenstandards, um die interprofessionelle Zusammenarbeit zu vereinfachen sowie die Standardisierung des Berichtswesens, um den Informationsfluss zu fördern und unnötigen Aufwand zu verhindern. Weitere Themen sind Medikationsprozesse und standardisierte Behandlungswege.
6. Unterschiedliche Lager
Oftmals existieren mehrere, zu grosse und unterschiedlich angelegte Lager auf derselben Station. Grosse Bestände bergen die Gefahr, dass das Haltbarkeitsdatum des ungenutzten Materials abläuft.
Lean-Lösung im USB: Kanban
Die Materialschubladen der mobilen Stationswagen der Chirurgie 6.2 werden von der Logistik nach dem Kanban-System aufgefüllt. Die Pflegenden holen sich die komplettierten Sets aus dem Materialschrank. Das benötigte Material wird vom Zentrallager nach dem Pull-Prinzip (benötigte Mengen) geliefert, in einem Raum gelagert und die Bestände werden tief gehalten.
7. Zu langer Transport und Informationstransfer
Manchmal sind die Wege zwischen verschiedenen Behandlungsprozessschritten zu lang. Die Abläufe sind nicht richtig koordiniert, nicht alle Beteiligten auf dem gleichen Wissensstand. Es entstehen Missverständnisse, Rückfragen müssen beantwortet oder Unklarheiten beseitigt werden. Das stört den täglichen Ablauf und kostet Zeit.
Lean-Lösung im USB: der Huddle
Ein interprofessionelles, kurzes Treffen am Morgen vor dem Huddle-Board koordiniert den Tag respektive die Woche. Vorausschauend werden alle wichtigen Informationen dem Team vermittelt. Der Huddle wird bereits in mehreren Einheiten und im Stab des Bereichs Medizinische Querschnittsfunktionen aktiv gelebt. Zum Teil werden mit einem kurzen, 10-minütigen Huddle bisherige länger dauernde Meetings ersetzt.
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