Editorial

Es stimmt.

Ein schöner, kurzer Satz, den wir so stehen lassen könnten. Kommentarlos. Stimmt's?

Sie haben es bestimmt schon öfters erfahren, im Arbeitsalltag, privat: Der Weg bis zur Übereinstimmung kann lang sein. Oft ist er mit Kompromissen gepflastert. Stimmt hingegen die Chemie zwischen den Partnern, ist scheinbar Unmögliches möglich.

Wie sehr wir von Stimmungen abhängen und wie stark sie unser Denken und Handeln bestimmen, davon handeln einige Beiträge in dieser Gazzetta-Online-Ausgabe: Wie es zum Beispiel ist, wenn man keine Stimme mehr hat oder wie man mit einer Aufbruchsstimmung erfolgreich umgeht.

Geniessen Sie die Frühlings-Stimmung.

Ihre Gina Hillbert

Pathologie und Medizinische Genetik:

«Zwei-Fach» unter einem Dach

Von einem Erfolgsprojekt, welches in kürzester Zeit umgesetzt worden ist. Von Synergien, Zusammenarbeit, Visionen. Von zwei Persönlichkeiten, die nicht nur am selben Strang ziehen, sondern auch in dieselbe Richtung gehen. Von einer positiven Stimmung, die ansteckt.

Schönbeinstrasse 40. Dort wirken seit dem 7. Dezember 2015 die beiden Fachgebiete Pathologie und Medizinische Genetik unter einem Dach. Das Zusammenkommen ist bereits Geschichte. Eine Geschichte, die der Leiter und Chefarzt Pathologie, Prof. Dr. med. Markus Tolnay (rechts im Bild) und der Leiter Medizinische Genetik, Prof. Dr. rer. nat. Sven Cichon (links im Bild) der Gazzetta-Online stimmungsvoll erzählen.

Aus der Sicht der beiden Leiter

Sven Cichon, Leiter Medizinische Genetik:

Die Medizinische Genetik hat Wanderjahre hinter sich. Jetzt sind wir hoffentlich angekommen. Als ich 2013 nach Basel berufen wurde, stand für die Medizinische Genetik gleich ein grosser Schritt an. Sie gehörte bis dahin zum UKBB und wechselte organisatorisch ans USB. Einer der Gründe dafür ist die allgemein zunehmende Bedeutung der Genetik in der Medizin. Dass die Medizinische Genetik heute mit der Pathologie unter einem Dach lebt, hatte zunächst seinen ganz praktischen Grund: Wir waren auf Raumsuche. Das 30-köpfige Team musste aus der temporären Bleibe auf dem Felix Platter-Spitalareal spätestens per Ende 2016 ausgezogen sein. Die Medizinische Genetik war dort erst Ende 2010 aus dem alten Kinderspital her eingezogen. Damals musste der Umzug beinahe notfallmässig und in letzter Minute erfolgen, bevor das alte Kinderspital abgerissen wurde. So etwas wollten wir nicht noch einmal erleben und waren deshalb sehr daran interessiert, frühzeitig eine neue Bleibe zu finden.

Markus Tolnay, Leiter Pathologie:

Mit dem Entscheid, die Medizinische Genetik in den Bereich Medizinische Querschnittsfunktionen des USB zu integrieren, standen zwei mögliche organisatorische Varianten im Raum: Die Medizinische Genetik bleibt als Abteilung unabhängig auf dem Campus oder arbeitet mit einer bereits bestehenden Einheit zusammen, nämlich mit der Labormedizin oder mit der Pathologie. Im Herbst 2013 war dann offizieller Projektstart. Als Erstes musste geklärt werden, ob es die Pathologie oder die Labormedizin sein würde.

S.C.: Eine ganze Einheit zu integrieren, ist nicht einfach. Es ging schliesslich um den Grundsatzentscheid, ob wir ganz unabhängig voneinander unterwegs sein oder ob wir zusammenarbeiten, Synergien nutzen und Prozesse im Labor und in der Administration gemeinsam definieren wollten.

M.T.: Fachlich sind wir eigenständig, aber organisatorisch arbeiten wir wo immer möglich zusammen. Wir haben eine gemeinsame Führung und gemischte Fachbereichsleitungen. Etwas ist ganz wichtig: Für uns ging es nie um die Frage, wer der Chef ist. Für uns war die Frage wichtig: Wie können wir gut zusammenarbeiten? Sven ist der Chef der Medizinischen Genetik. Ich bin Chef der Pathologie. Gemeinsam steuern wir dieses Schiff. Die Eigenständigkeit der Fachgebiete – das war für uns wichtig.

S.C.: Das ist dieser Spagat, den man schaffen muss, wenn man eine organisatorische Einheit bilden und gleichzeitig die Fachgebiete eigenständig halten möchte. Ein Spagat, der eine grosse Herausforderung darstellt. Ich glaube, das lässt sich auch nur begrenzt auf ganz formalem Weg erreichen. Man braucht in entscheidenden Punkten Einigkeit, die Markus und ich haben. Man muss da an einem Strang ziehen. Viele Dinge laufen einfach, indem wir uns verständigen. Wir können nicht jeden Tag mit einem Reglement in der Hand herumlaufen und sagen: «Aber jetzt Moment, hier steht es.» Dann würde das Ganze sofort gesprengt. Unsere Gespräche waren immer von grossem gegenseitigem Respekt gekennzeichnet und von Verständnis für die Belange des anderen. Wir haben rasch im Gespräch pragmatische Lösungen gefunden, mit denen wir beide leben können. Das ist ein ganz grosser Teil des Erfolgs. Ohne das wäre es nicht gegangen. Da muss die Chemie stimmen, und das war bei uns gegeben.

M.T.: Im Herbst 2014 fiel der Entscheid: Die Medizinische Genetik und die Pathologie werden zusammengehen, und zwar als zwei eigenständige Fachgebiete. Wir standen vor einer grossen und vor allem auch zeitlich anspruchsvollen Herausforderung. Die Räumlichkeiten in der Pathologie waren schon gut belegt. Nun ging es mit Hochdruck daran, die Platzverhältnisse zu optimieren. Damit die Medizinische Genetik vom Felix Platter-Spitalareal wie geplant in die Pathologie an die Schönbeinstrasse umziehen konnte, mussten innerhalb unseres Gebäudes zahlreiche Zügelaktionen über die Bühne gehen. Ebenso brauchte es etliche bauliche Anpassungen. Ganze Arbeitseinheiten wurden in andere Stockwerke verschoben. Neue gemeinsame Labors und ein grosszügiger Aufenthaltsraum entstanden. Wir haben uns räumlich aufeinander zubewegt.

S.C.: Es gab so viele Baustellen, um die man sich kümmern musste. Und dies alles lief parallel zur bestehenden, normalen Tätigkeit. Es gab für die Mitarbeitenden enorme Belastungen über die tägliche fachliche Arbeit hinaus, um das Ganze zum Laufen zu bekommen. Als Teil der Synergienutzung wollten wir beispielsweise eine Softwareumstellung machen. Hierzu waren aber intensive Anpassungen nötig. Das geht nur mit der persönlichen Motivation der Mitarbeitenden. Dies war ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor: zusätzliche Arbeitsstunden am Abend, an den Wochenenden. Viel Einsatz der Mitarbeitenden, aber alle wollten das Projekt in der vorgegebenen Zeit realisieren, und so wurde es möglich.

M.T.: Ja, das trifft auf uns beide zu. Wir hatten ein Rekordjahr mit mehr als 90’000 Probenverarbeitungen. «Chapeau!» nicht an uns, sondern an die Mitarbeitenden, die das mitgetragen haben. Dies zeigt eindrücklich, was man leisten kann, wenn man motiviert ist.

M.T.: Die Mitarbeitenden haben es sehr positiv aufgenommen, dass wir mit der Medizinischen Genetik zusammenarbeiten werden. Wir haben uns darauf gefreut. Ängste habe ich nicht ausmachen können. Natürlich macht eine räumliche Verschiebung im eigenen Haus nicht immer alle glücklich, aber die Grundstimmung war und ist gut. Die Berufsgruppen sind ähnlich, die Fächer sind miteinander verwandt. Die Herausforderung war, das Projekt letztendlich in so kurzer Zeit nahtlos umzusetzen. Das war das Aufregende daran und weniger das Inhaltliche.

S.C.: Die Stimmung war auch bei uns positiv. Natürlich war dieser Schritt auch mit gewissen Unsicherheiten verbunden. Die sind immer im Spiel, wenn es um Veränderungen in solcher Grössenordnung geht. Aber es war uns klar, eine Veränderung würde es ohnehin geben, denn wir müssen aus dem Felix Platter-Spital ausziehen. Zudem machte uns die Grossbaustelle zunehmend zu schaffen: Lärm, Staub und Vibrationen. Das war nicht lustig im Laborbereich und für die Arbeit des gesamten Teams. Viele freuten sich darauf, neue Mitarbeitende eines verwandten Fachs kennenzulernen und in teilweise neu zusammengesetzten Teams zu arbeiten. Den akademischen und ärztlichen Mitarbeitenden war die fachliche Eigenständigkeit immer wichtig. Markus und mir ging es aber nie darum, das eine Fach in das andere «hineinzuintegrieren». Wir wollten als zwei unabhängige Fachrichtungen miteinander arbeiten, daraus das Beste machen, die bestmögliche Zusammenarbeit erzielen. Als das klar war, waren auch ganz essenzielle Sorgen und Bedenken bei den akademischen und ärztlichen Mitarbeitenden verschwunden. Ich habe es als positive Aufbruchsstimmung erlebt. Zudem hat Markus in einer sehr frühen Phase gesagt: «Wir packen das zusammen an. Wir haben viele Möglichkeiten.» Wir waren uns einig, dass wir genau diesen Weg gehen wollten.

Unser Konstrukt ist nicht einfach in Worten und Begriffen zu fassen. Ist auch gar nicht nötig. Taten zählen. Heute blicken wir erwartungsvoll auf die gemeinsame Zukunft.

Sven Cichon

Wenn wir den ersten Schritt geschafft haben, dann schaffen wir auch die nächsten Schritte.

Markus Tolnay

Fragen und Antworten über Zukunft und Visionen

Sven Cichon, was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir haben diesen Schritt zwar erst vor wenigen Monaten vollzogen, aber es kommt uns viel länger vor. Das ist ein gutes Zeichen. Wir sind nun schon am nächsten Schritt. Was wir uns fachlich und prozessual von diesem Zusammengehen erhoffen, müssen wir jetzt umsetzen. Mein Wunsch wäre es, und ich denke, das ist bei dir Markus genauso, dass wir das in einer überschaubaren Zeit auch tatsächlich realisiert bekommen. Dass wir fortan die Synergien nutzen können und beide Fächer davon profitieren.
Markus Tolnay, was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich kann das so unterschreiben. Diese Art von Zusammenarbeit dieser Fächer ist meines Wissen einzigartig. Mein Wunsch ist es, dass wir uns als eine Gemeinschaft verstehen. Dass wir das Wort Zusammenarbeit – im Sinne von «zusammen arbeiten» leben. Wenn uns das gelingt, dies umzusetzen, dann sind wir «unschlagbar».
Markus Tolnay, wie sieht Ihre Vision aus?
Meine Vision geht in Richtung Entwicklung der Molekularen Diagnostik. Dass wir hier in Basel eine diagnostische Kompetenz erreichen, an welcher verschiedene Fächer teilhaben und so gegenseitig von Fachwissen und Synergien profitieren können.
Sven Cichon, wie sieht Ihre Vision aus?
Ich sehe dieses Modell der Zusammenarbeit Medizinische Genetik und Pathologie in ein paar Jahren als ein Vorzeige-Erfolgsmodell, welches auch von aussen positiv wahrgenommen wird.

Projektmanagement at its best

Markus Tolnay zum Projektverlauf

Das Projekt in dieser kurzen Zeit – wir sprechen von 6 Monaten von Baubeginn bis zum Start – zu stemmen, war die Herausforderung. Das Projekt lief sehr strukturiert ab. Wir waren aber gut aufgestellt. Die Projektorganisation hat dem Ganzen den optimalen Rahmen gegeben. Der externe Projektleiter hat alle Beteiligten gut geführt. Das war essenziell, um den sportlichen Zeitplan einzuhalten. Die Umbauarbeiten begannen im Juni 2015, der Start unserer gemeinsamen Zusammenarbeit war auf den 7. Dezember 2015 geplant. Dann musste alles für einen reibungslosen Ablauf bereitstehen. Es gab kein Zurück.

Das Kernteam traf sich alle 14 Tage. Dazwischen hatten die Exponenten beider Fächer Aufgaben zu lösen. Es brauchte den Effort aller Beteiligten, um dieses Projekt zum Erfolg zu bringen. Unterstützung erhielten wir u.a. vom PEPE-Team, der ICT und insbesondere von der Betriebswirtschaft des Bereichs Medizinische Querschnittsfunktionen. Unser Projekt – und wir sprechen von einem relativ komplexen Projekt – darf sich durchaus Erfolgsprojekt nennen. Es ist wünschenswert, dass es als Erfolgsmodell im USB Schule macht.

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