Editorial

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Ihre Gina Hillbert

Von der Lebendigkeit einer Datenbank:

wenn Antikörper entscheidend sind

Durch das Verfahren des sogenannten «virtuellen Crossmatchings» mittels Spezifizierung von HLA-Antikörpern wurde die Risikoeinschätzung bei der Spenderauswahl bei Nierentransplantationen entscheidend verbessert. Eine weitere Prozessoptimierung gelingt Transplantationsimmunologe und Nephrologe PD Dr. Stefan Schaub mit seiner bereichsübergreifenden Datenbank mit vielen innovativen Applikationen.

HLAs (Human Leukocyte Antigens) sind Gewebe-Eiweisse, die auf der Oberfläche jeder Körperzelle ausgebildet sind. Sie sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich, was für die Transplantationsmedizin ein grosses Problem darstellt. Das Immunsystem des Empfängers stuft Spender-HLA als fremd ein und setzt eine Abwehrreaktion in Gang. Deshalb erhalten Empfänger immunsupprimierende Medikamente, welche aber mit vielen Nebenwirkungen einhergehen können.

Bei Bluttransfusionen, Schwangerschaften und früheren Transplantaten kann der Mensch Antikörper gegen körperfremde HLAs bilden. Diese können zu frühen Nierentransplantat-Abstossungen führen. Deshalb werden die HLA-Antikörper des Empfängers mit dem HLA-Typ des Spenders verglichen (sog. «virtuelles Crossmatching»), um eine Transplantation zu verhindern, bei welcher Antikörper des Empfängers das Transplantat angreifen würden.


Während einer Bildungsreise nach Winnipeg in Kanada im Jahr 2002 lernte ich Stefan Schaub kennen: Als Nephrologe absolvierte er ebenfalls einen Auslandaufenthalt an der Universität Manitoba. Wir waren dort beide im HLA-Labor tätig, wo neue Technologien getestet wurden, welche Hoffnung auf eine verbesserte Detektion spenderspezifischer Antikörper versprachen. Diese wollte ich, in meiner Funktion als Mitarbeiter im HLA-Labor mit zusätzlicher Forschungsfunktion am Unispital, kennenlernen, um sie in Basel einzuführen.

Bereits kurz nach unserem Kennenlernen waren wir in regem Austausch über meine Mission und Stefans Labor-Masterarbeit – der Beginn eines «verhängnisvollen» Austausches zwischen einem Arzt und einem Laborfachmann und gleichzeitig auch der Anfang einer wertvollen Freundschaft. Stefan offenbarte mir damals seine Zukunftsvision: Die Reduktion der Transplantat-Abstossung mittels Verbesserung der Risiko-Stratifizierung der Nierenempfänger durch eine (möglichst schweizweite) Einführung empfindlicherer Antikörper-Tests, basierend auf der intensiveren Zusammenarbeit zwischen Klinik (Nephrologie), Diagnostik (HLA-Labor) und Forschung. Was für vielversprechende Perspektiven! Noch so gerne stellte ich mich in den Dienst dieser Aufgaben.

In den vergangenen Jahren durfte ich hautnah miterleben, wie all dies erreicht wurde. Möglich gemacht wurde dies dank der Unterstützung durch den Abteilungsleiter Prof. Jürg Steiger, durch die Mitarbeitenden des HLA-Labors, durch Transplantationskoordinator Thomas Vögele mit seinem Team, dank Forschungsgeldern und insbesondere durch die unermüdliche Arbeit von Stefan Schaub auf sämtlichen Ebenen.

«Und wenn deine Vision einmal Wirklichkeit geworden ist?», fragte ich Stefan damals in Kanada. «Wir werden nie zu einem Ende kommen», erwiderte er. «Alles geht weiter, wird komplexer, herausfordernder, es wird neue Forschungsprojekte brauchen sowie moderne, innovative Tools.»

Diese Worte wurden mir auf einen Schlag in Erinnerung gerufen, als ich Stefan vor über einem Jahr zu Hause einen Überraschungsbesuch abstattete. Ich wurde im Garten von seinen Kindern empfangen, aber sie nahmen mein unangekündigtes Erscheinen etwas skeptisch: «Dr Papi schafft a dr Datebangg, me söttne jetz nit störe», meinten sie.

Ich fand Stefan im Haus am Wohnzimmertisch vor – dort sass er inmitten Dutzender handgezeichneter Pläne, vollgekritzelt mit vielen Boxen und Verbindungspfeilen. Er arbeitete in seiner Freizeit an einer ausgeklügelten Applikation, die der gesamten Transplantationsabteilung des Unispitals zugute kommen sollte. Heute ist diese eingeführt – zur grossen Begeisterung aller Mitarbeitenden.

Beim Tool handelt es sich um eine breit angelegte, interaktive Datenbank, die sämtliche bis anhin separat existierenden Datentabellen verknüpft und viele wichtige Prozesse im Bereich Transplantationsimmunologie und Nephrologie um ein Vielfaches erleichtert. Das Tool kann ständig erweitert werden – in Kurzzeit lassen sich Daten übersichtlich kombinieren oder Berichte automatisch erstellen, zudem sind viele forschungsrelevante Abfragen möglich. Sowohl in der Klinik wie auch im Labor liefert diese Anwendung einen fantastischen Dienst und verkörpert eine wertvolle Zukunftsinvestition – dank Stefan Schaubs Vision.

«Ich schätze das hilfreiche Tool insbesondere, weil die Daten rasch abrufbar sind und dies eine schnellere Kontrolle ermöglicht.»

Thomas Vögele, Leiter Transplantationskoordination, Transplantationsimmunologie und Nephrologie

«Mit einem Beinahe darf man sich nie zufrieden geben. Nach diesem Motto hat Stefan Schaub die Datenbank erstellt. Einfach genial!»

Dr. Patrizia Amico, Oberärztin Transplantationsimmunologie und Nephrologie

«Die Funktionalität und der Grad der Durchdachtheit dieses Tools ist wirklich hervorragend. Manche Abteilung wäre froh um ein solches Tool!»

PD Dr. med. Andreas Buser, Chefarzt Blutspendezentrum, Leitender Arzt Hämatologie

«Einmalig ist die hilfreiche Applikation, um die Haplo-Typen der Familienangehörigen darstellen zu können.»

Beatrice Gujer, BMA, HLA-Diagnostik/Immunogenetik

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