(von links) Florina Fanaj, Silvia Eggli, Prisca Silvia Bloch, Sabrina Bucher, Yvonne Gass, Vivien Jersin, Alessandro Gomez

Lernen, ausbilden, fragen

Auszubildende interviewen Berufsbildungsverantwortliche

Die Berufsbildungsverantwortlichen Silvia Eggli und Yvonne Gass sind schon viele Jahre im Universitätsspital Basel tätig und bringen einen grossen Erfahrungsschatz in der Begleitung junger Menschen in Ausbildung mit. Das Interview fällt in eine Zeit, wie wir sie alle noch nie erlebt haben. Auch die in Ausbildung stehenden jungen Menschen stellen sich viele Fragen. Die beiden interviewten Berufsbildungsverantwortlichen (BBV) haben zwar nicht auf alles eine Antwort, aber mehr denn je nehmen sie eine wichtige Rolle ein, nämlich die, die Lernenden zu begleiten und deren Zweifel und Ängste mitzutragen.


Fragen an Silvia Eggli – gestellt von:

Prisca Silvia Bloch

letztes Ausbildungsjahr Pflegefachfrau HF, entschied sich für das Unispital wegen der grossen Vielfalt an Expertisen, welche dieses Spital bietet. Suchte nach einer neuen Herausforderung. Wollte bestmöglich von dieser Ausbildung profitieren.

Sabrina Bucher

seit 2017 im Studium zur dipl. Pflegefachfrau FH in Bern:

«Ich kann hier mein Interesse für den menschlichen Organismus vertiefen, komplexe Krankheitsbilder kennenlernen und in den Austausch mit interdisziplinären Fachpersonen kommen. Ich stehe direkt am Bett, beim Patienten. Mit einem flexiblen Handlungsspielraum und unter viel Eigenverantwortung und Initiative kann ich im besten Sinne mit und für den Patienten handeln.»

Florina Fanaj

Studierende in Pflege B.Sc., letztes Praxismodul:

«Ich habe mich für das Universitätsspital Basel entschieden, weil die effiziente inter- und intraprofessionelle Zusammenarbeit der Kern dieses Spitals ist. Es bietet viele verschiedene Möglichkeiten, sich als zukünftige Pflegefachfrau B. Sc. entfalten zu können und viele neue Erfahrungen zu sammeln. Ausserdem hat das Universitätsspital Basel eines der besten Ausbildungssysteme, was eine optimale Betreuung der Auszubildenden gewährleistet.»

Silvia Eggli, welche Herausforderungen bringt Ihre Tätigkeit mit sich und wie meistern Sie diese?
Im Zentrum steht die Zielsetzung, dass die Studierenden Pflege als Beruf verstehen lernen können, das heisst den Arbeitsort USB als Lernort nutzen. Es geht darum, zusammen mit allen an der Ausbildung Beteiligten eine Lernumgebung und -organisation – Stichwort Lerninsel – zu gestalten und die Ausbildung täglich auf hohem Niveau zu erbringen. Dabei ergeben sich Spannungsfelder, aber auch interessante Fragestellungen. All diese Ansprüche gut in Einklang bringen zu können oder neue kreative Wege zu suchen und zu verhandeln, ist eine Herausforderung.
Was macht Ihnen Freude, wo liegt der Reiz an dieser Funktion?
Ein weites Feld (lacht). Schön ist, wenn das Zusammenspiel und die Zusammenarbeit aller an der Ausbildung Beteiligten gelingt. Der Reiz und die Freude bestehen darin, die Ausbildung gemeinsam weiterzubringen, betriebliche Lerninhalte zu konzipieren und umzusetzen, Erfahrungen auszutauschen, wichtige Ausbildungsthemen zu bearbeiten und Lösungen (er)finden zu können. Wichtige Gefässe sind die Lerninselworkshops, die Qualitätszirkel, Sitzungen, Standortgespräche, das Transfercoaching und vieles mehr. Eine grosse Freude ist es immer wieder auch, wenn eine schwierige Situation einer Studierenden zu einem guten Abschluss findet. Und natürlich, wenn die Anzahl Ausbildungsplätze gesteigert werden kann – auch wenn dann mehr zu tun ist.
Wie sieht Ihr ganz normaler Arbeitsalltag aus?
Den gibt es nicht. Jeder Tag ist anders und endet häufig nicht so, wie er geplant war, weil die Aktualität auch ohne Termin anklopft. Wichtige Aufgaben sind Rekrutierung, betriebliche Lehr- und Lernprozesse konzipieren und implementieren, Studierende begleiten, im Rahmen der Qualitätssicherung gemeinsam mit den Ausbildungsteams Workshops und Schulungen planen und durchführen, Sitzungen, Mitarbeit in Fachgruppen, Zusammenarbeit mit Schule und anderen Betrieben, Umgang mit Ausbildungsnotfällen, aber auch viel Organisatorisches.
Welche Eigenschaften müssten angehende Pflegende Ihrer Meinung nach mitbringen?
Ein echtes Interesse an Menschen, an deren gesundheitlichen Situationen, Fragestellungen und Herausforderungen und damit verbunden auch eine gewisse Unerschrockenheit. Zudem die Bereitschaft, sich mit sich und den fachlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen und Kompetenzen aufzubauen. Interesse am Reflektieren und im Austausch sein. Belastbarkeit und Geduld, auch mit sich, ist Voraussetzung. Beharrlichkeit und der Wille, auch in komplexen Situationen gute Lösungen zu finden, ist unumgänglich.
Gibt es ein Ereignis in Ihrer Karriere, welches Sie besonders berührt hat?
Es gibt viele solcher Ereignisse, das macht meine Tätigkeit ja so interessant. Dazu zählen sowohl Begegnungen mit Patienten als auch das Durchstehen und Lösen von schwierigen Situationen jetzt in der Ausbildung.
Wie stehen im Unispital die Chancen für Pflegefachpersonen mit einem Bachelor-Abschluss?
Ein Abschluss ist das eine. Dann aber kommt es darauf an, berufliche Erfahrungen zu sammeln und Kompetenzen zu erweitern und sich im konkreten Arbeitsalltag menschlich wie beruflich einzubringen. Kompetenz und Persönlichkeit sind im USB gefragt. Eine gute Aus-, Fort- und Weiterbildung ist Gebot der Stunde und zahlt sich auf Dauer aus.
Welche Chancen sehen Sie in der Akademisierung der Pflege und welche Herausforderungen bringt sie mit sich?
Mich dünkt die sogenannte Akademisierung in der Pflege eine wichtige wie auch natürliche Entwicklung. Die Herausforderung dabei ist, dass das so generierte Wissen einen Bezug zum Patienten hat und in der praktischen täglichen Pflegearbeit ankommt und umgesetzt wird.
Wieso sind Sie Berufsbildungsverantwortliche geworden?
Ich habe in verschiedenen Funktionen gearbeitet. Das Thema Ausbildung/Bildung war mir dabei wichtig und gewann immer mehr an Bedeutung. Ursprünglich war ich Stationsleiterin und habe dann lange Jahre als Berufsschullehrerin Pflege gearbeitet. Das Interesse an der Zusammenführung dieser beiden Erfahrungen respektive von Praxis und Theorie hat mich bewogen, mich Ende 1999 für diese Funktion als BBV am USB zu bewerben. Fasziniert hat mich früh schon der Gedanke vom Arbeitsort als Lernort und tut es unvermindert noch.
Was war Ihr schönster Moment als Berufsbildungsverantwortliche?
Es sind viele Momente. Wichtig ist mir, dass wir interessierte und geeignete Auszubildende in genügender Anzahl rekrutieren und diese zusammen mit engagierten und hoch kompetenten Berufsbildenden erfolgreich durch die Ausbildung begleiten und fürs USB gewinnen können. Die Tätigkeit der Berufsbildenden ist anforderungsreich und es braucht immer wieder einen Rahmen für Auseinandersetzungen, Austausch und Rücksprachen. Hier sehe ich eine wichtige Aufgabe für mich und nehme sie gerne wahr.
Was war Ihre schwierigste Situation als Berufsbildungsverantwortliche?
Schwierige Situationen für mich ergeben sich dann, wenn die Ressourcen für die Ausbildung bestritten werden.

Fragen an Yvonne Gass – gestellt von:

Vivien Jersin

Erstes Lehrjahr kaufmännische Ausbildung:

«Der Einblick in die verschiedensten Abteilungen, die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Berufen und die guten Ausbildungsbedingungen führten dazu, dass ich mich für eine Lehrstelle am USB entschieden habe.»

Alessandro Gomez

Abschlussjahr kaufmännische Ausbildung:

«Das Universitätsspital Basel gibt mir nicht nur die Möglichkeit, die Ausbildung wie gewünscht in verkürzter Zeit zu absolvieren, sondern ebenso die Lehrzeit zu einer schönen und abwechslungsreichen Geschichte werden zu lassen, in der ich viele Bekanntschaften machte und ich mir interessantes Wissen aneignen konnte. Darüber hinaus sind die Schnittstellen mit anderen Berufsgruppen und der kontinuierliche Abteilungswechsel spannend und empfehlenswert.»

Yvonne Gass, worauf kommt es bei Ihrem Beruf am meisten an? Welche Fähigkeiten muss man besitzen, um mit so vielen jungen Leuten arbeiten zu können?
Ich mag Menschen jeden Alters und habe wenig Berührungsängste. Ich bin sehr seriös bei der Sache, nehme die uns anvertrauten Lernenden ernst und respektiere ihre Persönlichkeit. Ich unterstütze sie beim Erkennen ihrer Ressourcen und bestärke sie darin. Defizite interessieren mich weniger. Und Humor hilft auch immer … zusammen Lachen ist schön.
Was war Ihr erster Gedanke, als sich die Lage mit dem Coronavirus drastisch verschärft hat?
Der erste Gedanke war, dass hoffentlich alle gesund bleiben. Und dann war klar, dass wir mit den Lernenden, mit uns und mit allem rundherum pragmatisch durch die erste Zeit gehen müssen, ohne Anspruch auf perfekte Lösungen.
Worauf achten Sie bei einem Bewerbungsgespräch um einen Ausbildungsplatz am meisten?
Wer zu einem Gespräch eingeladen wird, hat die erste Hürde bereits «überstanden», also eine überzeugende, interessante, ansprechende Bewerbung eingereicht. Mich interessieren dann die ganze Person und der gesamte «Auftritt»: Kann der/die Bewerbende darlegen, warum er/sie sich für gerade diese Berufslehre entschieden hat? Ich möchte mehr erfahren über den Entscheidungsprozess, die persönliche Einschätzung der Eignung und die Motivation. Und schliesslich möchte ich wissen, ob eine Auseinandersetzung mit dem USB als möglicher Lehrbetrieb stattgefunden hat und ob die Person zu unserer Organisation passt.
Was macht Ihnen am meisten Freude bei Ihrer Arbeit mit Lernenden?
Bei Lernenden Entwicklungsprozesse zu beobachten und dabei zu sein, wenn aus Jugendlichen Profis werden. Freude bereitet mir auch, wenn die Lernenden ebenfalls Spass haben, wenn sie als Persönlichkeiten vorwärtskommen und ihre Geschicke in die eigenen Hände nehmen.
Würden Sie sich selbst als Lernende einstellen wollen?
Klar! (lacht). Ich war schon immer verlässlich, motiviert, ehrlich und offen für Neues. Das ist die Basis für gute Arbeit und erfolgreiche Zusammenarbeit. Diese Werte sind auch bei der heutigen Generation der Lernenden aktuell und sie finden während der Ausbildung Orientierung und Bestätigung durch ihre Berufsbildnerinnen.
Hat sich vieles verändert, seitdem Sie hier arbeiten?
Natürlich hat sich einiges geändert. Das USB als Institution ist enorm gewachsen, hat mehr als doppelt so viele Mitarbeitende als zu meinen Anfangszeiten. Entsprechend ist auch die Zahl der Lernenden gestiegen. Da ist es klar, dass auch die Prozesse immer wieder angepasst und verändert werden müssen. Und ich selber habe mich hoffentlich in der Zeit auch (weiter)entwickelt (lacht).
Was sind die Höhenpunkte in Ihrem Berufsalltag?
Natürlich ist die Lehrabschlussfeier das Grösste. Den «frischgebackenen» Berufsleuten gratulieren zu können, dafür setzen wir uns während der ganzen Lehrzeit ein. Ich freue mich auch über «kleine Erfolge», beispielsweise wenn es mir gelingt, zusammen mit Lernenden in einer schwierigen Situation einen nächsten machbaren Schritt zu definieren und wieder eine Vorwärtsbewegung zu ermöglichen.
Bringt Ihr Beruf auch freudlose Schattenseiten mit sich?
Fällt infolge einer Umstrukturierung ein Ausbildungsplatz weg, droht der Ausbildungsgang in Schieflage zu geraten. Einen gleichwertigen Ausbildungsplatz samt Berufsbildnerin zu finden, gestaltet sich oftmals ganz schön schwierig.
Würden Sie gerne etwas an Ihrem Beruf ändern?
Es wäre natürlich traumhaft, wenn die Berufsbildung als wichtiger Faktor in alle strategischen Entscheide am USB mit einbezogen würde. Ausbilden als Selbstverständlichkeit.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie von Problemen eines Lernenden erfahren?
Ich nehme mit dem/der Lernenden Kontakt auf und versuche herauszufinden, was genau los ist. Am liebsten treffe ich die Lernenden persönlich in meinem Büro, quasi auf «neutralem Boden». Erst wenn ich aus erster Hand weiss, um was es geht, können wir zusammen Lösungen bzw. nächste Schritte entwickeln.
Würden Sie sich erneut für diesen Beruf entscheiden, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?
Ja, ganz klar. Die Arbeit für und mit jungen Menschen begeistert mich nach wie vor. Trotzdem möchte ich nicht die Zeit zurückdrehen, denn mit der wachsenden Erfahrung wird es immer besser.

Wer ist Christine Dolder?

Das Thema Bildung begleitet die Leiterin Abteilung Aus- & Weiterbildung schon ihr ganzes Leben. Einerseits hat sie selber unterschiedliche Berufe gelernt und anderseits war sie in verschiedenen Bildungsinstitutionen tätig, in leitender Funktion und auch als Erwachsenenbilderin.

Im Dezember 2019 hat sie die Abteilung Aus- und Weiterbildung übernommen. Die Spitalbranche kannte sie bis dahin nur aus Patientensicht. Wie das Thema Ausbildung an einem universitären Spital gelebt wird, hatte sie von Anfang an fasziniert und begeistert. Es finde genaugenommen rund um die Uhr und überall statt. Wissen wird stetig weitergegeben und davon profitieren alle. Das interprofessionelle Arbeiten stelle überdies den Transfer von Theorie und Praxis sicher.

Ich darf ein hochmotiviertes Team führen, welches sich um die berufliche Grundbildung, die höhere Berufsbildung Gesundheit sowie die gewerblichen und kaufmännischen Berufe kümmert. Wir setzen uns als Team mit viel Herzblut für ausgezeichnete Ausbildungsqualität ein, für ein USB als attraktive Ausbildungsinstitution. Die Zahlen sprechen für sich: 2019 zählten wir 535 Auszubildende.
– Christine Dolder, Leiterin Abteilung Aus- & Weiterbildung


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