Editorial

Es ist nie zu spät

… sich auf den Weg zu machen. Ich denke dabei an Matthias Wimmer und das Urologie-Team, die sich auf eine Reise begaben, an Johanna Biedermann, die im späten Karriereabschnitt intern den Job gewechselt hat, an Silvia Haag, die durch ihre Erkrankung neue Seiten in sich entdeckt, an Sabine Kohler, die auf Medizin 7.2 nichts am Wegrand liegen lässt und an Heinz Schuhmacher, der auf einem Spaziergang im Sommer an Weihnachten erinnert wird. Diesen und weiteren Mitmenschen werden Sie in dieser Gazzetta-Ausgabe begegnen. Alle geben uns Botschaften mit auf den Weg. Botschaften, die vielleicht genau ins Zentrum treffen.

«Zeige dich, wie du bist oder sei, wie du dich zeigst.» Dieser Sinnspruch des persischen Dichters Rumi aus dem 13. Jahrhundert ist mir kürzlich zugefallen. Sie kennen das? Manchmal fliegen einem Botschaften zu. Doch was wollen sie sagen? Es ist nie zu spät, in sich zu gehen.

Ich wünsche Ihnen viele frohe Botschaften und die Zeit, diese mitzunehmen auf Ihren Weg.


Ihre Gina Hillbert


Schwung für die

Innere Medizin

Wie eine ganze Klinik einiges in Bewegung brachte und für einen sandbefreiten, interprofessionell gestalteten Tagesablauf sorgt.

Die Wirklichkeit zeigt es immer wieder: Es braucht engagierte Mitarbeitende mit guten Ideen, gesundem Menschenverstand und einer Portion Überzeugungskraft. Dann kommt der Stein ins Rollen. So geschehen und so gelebt in der Inneren Medizin, einer Klinik des Universitätsspitals Basel mit steigenden Patientenzahlen und grosser Nachfrage nach hoher medizinischer und pflegerischer Leistung bei gleichbleibenden Ressourcen. Organisationstalent ist gefragt.

Vorbildlich

Hand aufs Herz, den Willen und die Notwendigkeit, Abläufe zu optimieren, gibt es im Universitätsspital Basel nicht erst seit der Einführung von Lean Hospital. Zahlreiche Mitarbeitende tragen ein Lean-Gen in sich und bringen dadurch automatisch vieles in Bewegung. So auch Sabine Kohler. Sie steht stellvertretend für viele Mitarbeitende der Inneren Medizin und ist eine von vielen Perlen in einer langen Reihe. Die Stationssekretärin von Medizin 7.2 verfügt über einen wachen Blick und sieht schon früh Optimierungsfelder, die, einmal angegangen, den Stationsalltag aller Mitarbeitenden erleichtern und sich auch finanziell auszahlen. So sind Terminkoordination, Überprüfung der Materialbestände und Organisation der Bestückung des vereinheitlichten Punktionswagens auf Sabine Kohlers Initiative zurückzuführen. Erkennt sie Prozesse, die sie nicht alleine optimieren kann, adressiert sie diese an die Stellen, die bei der Lösung unterstützen können. Mit ihrem Engagement hat die Stationssekretärin Breitenwirkung erzielt. Inzwischen optimiert die gesamte Innere Medizin mit ihren insgesamt fünf Stationen. «Ich gehöre zu dieser Station wie ein Möbelstück», sagt Sabine Kohler, die von ihren Kolleginnen und Kollegen als «die gute Seele der Station» bezeichnet wird. Sie geht voll auf in ihrer Funktion als Stationssekretärin, eine Rolle, die sie auch nach beinahe 30 Jahren immer wieder neu bespielt. Sie fühle sich hinter den Kulissen sehr wohl. Dort, wo sie Ordnung schaffen könne und für Optimierung sorge, damit die Akteure mehr Zeit und Energie für das Wesentliche, nämlich die Patientenbetreuung, zur Verfügung hätten. Rückmeldungen, dass das Team auf dem richtigen Weg sei, geben Sabine Kohler jedes Mal wieder neue Energie, sich an Neues heranzumachen.

In Bewegung bringen

Der Leiter Innere Medizin, Prof. Stefano Bassetti, und Anja Ulrich, Fachbereichsleiterin Pflege Bereich Medizin, wollten es genau wissen und nicht nur da und dort optimieren. Sie initiierten ein Projekt, holten sich Unterstützung aus dem eigenen Haus und liessen ins Innerste der Inneren Medizin blicken und die organisatorischen Abläufe der Klinik analysieren. Von Projektbeginn an war klar: Die breit angelegte Optimierung darf nicht auf Kosten der Qualität gehen und auch nicht erhöhten Druck auf die Mitarbeitenden bewirken. Mit dem Entscheid der Spitalleitung zur Einführung von Lean Hospital als Methode zur Prozessoptimierung war auch die operative Unterstützung durch das Patientenzentrierte Management eine erwünschte Option. Gesagt, getan. Beinahe zwei Jahre hat die Umsetzung gedauert, zur Hauptsache wegen sinnvollen Erweiterungen der Optimierungsfelder. Dank der interprofessionell zusammengestellten Projektgruppen wurden schliesslich tragfähige Lösungen erarbeitet.

«Wenn die Pflegenden mehr Zeit zum Pflegen haben und nicht mehr mit Suchen, Hinterhertelefonieren und anderen Störungen und Unterbrechungen beschäftigt sind, profitieren die Patientinnen und Patienten – das Wichtigste bei unserer Arbeit.»

Anja Ulrich, Fachbereichsleiterin Pflege Bereich Medizin

Mit den fünf Lean-Prinzipien zu Schwung und Energie.<br>

Mit den fünf Lean-Prinzipien zu Schwung und Energie.

Mitarbeitende sind entscheidende Erfolgsfaktoren

Sich neben der eigentlichen Kerntätigkeit ein Bewusstsein für Verbesserungen der Abläufe zu schaffen, sich auf die Neuerungen einzulassen, diese auszuprobieren und gegebenenfalls wieder zu optimieren, erfordert grosses Engagement und Willen der Mitarbeitenden. Ohne diese läuft gar nichts.

Wenn der interprofessionelle Austausch und die Zusammenarbeit erreichen, dass die Qualität für die Patientinnen und Patienten verbessert wird, steht der Patientennutzen im Zentrum unserer Anstrengungen.

  • Stationssekretärinnen, die sich auf die veränderte Rolle einliessen
  • Pflegende, deren organisatorische Abläufe anders organisiert wurden
  • Ärzte und Ärztinnen, die sich neu mit der Pflege zu einem kurzen, hochgradig strukturierten Informationsaustausch (Huddle) zum Tagesablauf einfinden
  • Case Managerinnen, die neu zu diesen Treffen hinzukommen
  • Stationsleitungen, die mit ihren Teams diesen Weg der ständigen Verbesserung gehen
  • Stationsarztsekretärinnen, die den Weg der Patientenakten verkürzen
  • Chefärzte, die sich mit den Stationsteams zum kontinuierlichen Verbesserungsmeeting treffen
  • Hotellerie Service-Mitarbeitende, die für Informationen zu Ein- und Austritt am Morgen-Huddle teilnehmen
  • Reinigungsdienstmitarbeitende, die am Huddle erfahren, welche Patientenplätze gereinigt werden müssen

Aus Sicht des PZM-Teams

Für das Team Patientenzentriertes Management (PZM), das bei der operativen Entwicklung der Neuerungen in den Abläufen und der anschliessenden Einführung unterstützte, war es hilfreich, dass die Mitarbeitenden die Vorschläge kritisch hinterfragten. So konnten diese diskutiert und geschliffen werden, bis sie zum Alltag der Klinikmitarbeitenden passten. Für bestimmte Themen gab es auch bereits bestehende Lösungen, die aber bis anhin erst auf einer Station praktiziert worden waren. Das führt uns zurück zur Stationssekretärin Sabine Kohler, die Jahre zuvor den Terminvergabeprozess für die diagnostischen Untersuchungen so optimiert hatte, dass wir dieses Modell telquel auf die anderen Abteilungen beziehungsweise Stationen ausrollen konnten.

Und auch wenn heute die Lösungen noch nicht exakt massgeschneidert sind, die etablierten Meetings zum kontinuierlichen Verbesserungsprozess sind das geeignete Gefäss für weiterführende Verbesserungen auf den Stationen, wie dies auch das Programm Lean Hospital vorgibt.

Projekt beendet. Und nun?

Noch gibt es einiges zu tun: Die Ärztinnen und Ärzte sind noch mit zu viel Administration belastet und der Erstellungsprozess des Austrittsberichtes birgt einiges an Entlastungspotenzial. Pflegende leiden immer noch unter fraktionierten Prozessen und vielen Unterbrechungen bei konzentrierten Tätigkeiten. Das Überprüfen der Tagesabläufe und das Abstimmen auf den Patientenfluss sind ein weiterer Fokus. Zwei grosse Themen, mit denen sich die Klinikleitung neben allen anderen anstehenden Veränderungen auseinandersetzt. Die interprofessionellen monatlichen KVP-Meetings auf den einzelnen Abteilungen sind treibend für einen gut geschmierten und sandbefreiten interprofessionell gestalteten Tagesablauf. Dann fliesst die Energie nicht in den Ärger über schlecht organisierte Abläufe, sondern steht für die Patientinnen und Patienten, für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und die eigene Freude am Beruf zur Verfügung.

Herr Meier kommt am frühen Nachmittag mit Bauch-Beschwerden auf den Notfall. Aufgrund der Vorgeschichte ist klar, dass er stationär ins USB aufgenommen wird.

Neu wird Herr Meier direkt nach der Blutabnahme auf die Station verlegt. Die Stationsärztin untersucht den Patienten, bespricht die Resultate und das weitere Prozedere mit ihm. Als zusätzliche Diagnostik empfiehlt sie eine Magenspiegelung. Herr Meier stimmt zu und die Ärztin meldet diese am gleichen Tag noch an. Die Stationssekretärin erhält den Termin zur Untersuchung auf eine neu dafür eingerichtete Telefonnummer. Sofort informiert sie die zuständige Pflege, die dann zum gegebenen Zeitpunkt mit den Vorbereitungen bei Herrn Meier beginnen kann.

Herr Meier kann die für ihn zuständige Pflegeperson mit Namen ansprechen. Dieser steht zusammen mit dem Namen der zuständigen Ärztin an einem Board, das Herr Meier von seinem Bett aus sieht. Die Angehörigen von Herrn Meier schätzen dies im Falle von Fragen.

Die Stationssekretärin organisiert auf den angemeldeten Zeitpunkt den Transportdienst, der Herrn Meier zur Diagnostikabteilung begleitet. Am nächsten Morgen findet die Untersuchung statt. Der Patient ist vorbereitet, wird zum gegebenen Zeitpunkt abgeholt und zur Diagnostik gefahren. Nach der Untersuchung wird er wieder auf die Station gebracht.

Sobald die Stationsärztin die Resultate erhält, informiert sie Herrn Meier darüber und bespricht mit ihm die Therapie. Von nun an wird bei der täglichen Visite das Austrittsdatum überprüft, sodass Herr Meier und seine Angehörigen die Vorbereitungen für den Austritt zu Hause treffen können. Ist Herr Meier auf Hilfe für die Organisation der Nachbetreuung angewiesen, wäre das Case Management von Anfang an eingeschaltet und würde für Herrn Meier die geeignete Nachsorge abklären und organisieren.

Herr Meier bekommt ab Montag einen neuen Stationsarzt. Das Rotationsprinzip in der Klinik für Innere Medizin sieht vor, dass die Stationsärztinnen und -ärzte in einem Turnus die verschiedenen Stationen der Klinik kennenlernen. Aufgrund des vereinheitlichten Einarbeitungskonzeptes für neue Ärztinnen und Ärzte sowie der zunehmend vereinheitlichten Abläufen auf den verschiedenen Stationen finden sich diese auf den neuen Stationen schnell zurecht und können sich auf die Patientenarbeit konzentrieren.

Am Austrittstag ist alles vorbereitet: Herr Meier besitzt die Austrittspapiere, seine Frau holt ihn um 10 Uhr ab. Er verabschiedet sich und verlässt die Station. Sein Bettplatz wird vom Reinigungsdienst geputzt und für den nächsten Patienten vorbereitet.


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