Editorial

Es ist nie zu spät

… sich auf den Weg zu machen. Ich denke dabei an Matthias Wimmer und das Urologie-Team, die sich auf eine Reise begaben, an Johanna Biedermann, die im späten Karriereabschnitt intern den Job gewechselt hat, an Silvia Haag, die durch ihre Erkrankung neue Seiten in sich entdeckt, an Sabine Kohler, die auf Medizin 7.2 nichts am Wegrand liegen lässt und an Heinz Schuhmacher, der auf einem Spaziergang im Sommer an Weihnachten erinnert wird. Diesen und weiteren Mitmenschen werden Sie in dieser Gazzetta-Ausgabe begegnen. Alle geben uns Botschaften mit auf den Weg. Botschaften, die vielleicht genau ins Zentrum treffen.

«Zeige dich, wie du bist oder sei, wie du dich zeigst.» Dieser Sinnspruch des persischen Dichters Rumi aus dem 13. Jahrhundert ist mir kürzlich zugefallen. Sie kennen das? Manchmal fliegen einem Botschaften zu. Doch was wollen sie sagen? Es ist nie zu spät, in sich zu gehen.

Ich wünsche Ihnen viele frohe Botschaften und die Zeit, diese mitzunehmen auf Ihren Weg.


Ihre Gina Hillbert


Spirituelle Fragen

im Spital

Spiritual Care befasst sich mit der individuellen Ressource Spiritualität. Beim Umgang mit Krankheit und Tod, aber auch bei Gesundheit, kann der Blick auf diese Dimension einen grossen Einfluss auf Entscheidungen haben und den Heilungsprozess beeinflussen. Das Fach Spiritual Care verbindet Medizin, Religion und Seelsorge.

Was auf den ersten Blick nach Ungreifbarem und Mammon klingt, hat universitären Charakter, basiert auf wissenschaftlichen Methoden und birgt erhebliches Potenzial. Spiritual Care liefert Ansätze, Spiritualität in die berufliche Tätigkeit zu integrieren. Denn sie sensibilisiert die Menschen im Umgang mit spirituell-religiösen Fragen und fördert die kritische Auseinandersetzung mit der Medizin und den Behandlungsstandards. Die berufsbegleitende zweijährige Ausbildung MAS in Spiritual Care richtet sich in erster Linie an Ärztinnen und Ärzte sowie an Pflegende und Fachpersonen aus der Seelsorge oder der Palliative Care und der Gerontologie, aber auch an Sozialarbeitende und Mitarbeitende in Kriseninterventionsteams.

Spirituelle Ressourcen

Die gewichtigen Fragen sind: Was treibt die Patientin oder den Patienten an? Was hilft bei der Genesung? Was hat ihn oder sie aus dem Gleichgewicht geworfen? Das können mannigfachste Motivatoren sein. Vielleicht möchte er möglichst schnell zurück zu seiner Frau, vielleicht möchte sie im Winter wieder auf die Skier oder unbedingt noch die Hochzeit der Tochter erleben. Ganz egal, was es ist; die Person, die die Patientin oder den Patienten behandelt, muss wissen, was sich im Innersten abspielt. Studien haben gezeigt, dass unter Einbezug von Spiritual Care das Schmerzempfinden und andere Symptome bei vielen Patientinnen und Patienten reduziert werden konnten. Auch bei Angst oder Hoffnungslosigkeit können mit Spiritual Care grosse Erfolge erzielt werden.

Start des dritten Jahrgangs

2015 wurde der MAS in Spiritual Care ins Angebot der Advanced Studies der Universität Basel aufgenommen. «Die Studierenden sind in der Regel Menschen in der Lebensmitte, die bereit sind, die eigene Spiritualität zu entdecken. Sie möchten den ganzen Menschen sehen und nicht nur seine Defekte, die behandelt werden», so Dr. Christa Gäbler-Kaindl, Theologin und Co-Leiterin des Studiengangs. Die Aussage einer Kursteilnehmerin bringt es auf den Punkt: «Das, was ich in der Schulmedizin gelernt habe, ist nicht genug, um meine Patientinnen und Patienten umfassend zu betreuen.» Die ersten sechs Absolventinnen waren Frauen, im zweiten Lehrgang gab es unter den zehn Teilnehmenden auch zwei Männer. «Wir hoffen, dass sich für den dritten Lehrgang noch mehr Männer begeistern», sagt Dr. Gäbler-Kaindl.

«Das, was ich in der Schulmedizin gelernt habe, ist nicht genug, um meine Patientinnen und Patienten umfassend zu betreuen.»

Dr. Christa Gäbler-Kaindl

Wahrung von Individualität und Religionsfreiheit Die Religion hat einen grossen Stellenwert, egal, welche Religion man lebt, vermischt oder auch nicht lebt. Es gilt immer das Grundrecht auf Religionsfreiheit. «Die Zusammenarbeit mit der Spitalseelsorge ist unerlässlich bei der Umsetzung in die Praxis», so Dr. Gäbler-Kaindl, «zum Beispiel wenn ein religionseigenes Gebet gewünscht ist oder die Themen Angst und Krankheit als Strafe auftauchen.» Die dem Patienten eigene Religion ist eine spirituelle Ressource und hat Auswirkungen auf die Therapie, auf den Gesprächsverlauf und auf Entscheide, zum Beispiel bei nötigen Bluttransfusionen oder bei der Wahl von lebensverlängernden Massnahmen.


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