Editorial

Vom Anschreiben

Neuerdings leide ich an Zettelallergie. Was so alles angeschrieben ist! Ich soll das Licht löschen, wenn ich den Raum verlasse, die leeren PET-Mineralwasserflaschen nicht zu den vollen stellen, das gebrauchte Geschirr nicht in die Spüle, sondern in der Geschirrwaschmaschine einordnen, die WC-Papierrolle gefälligst ersetzen, wenn das letzte Blatt gefallen ist. «Dauer des Wechsels max. 10 Sekunden», steht geschrieben. (Wetten, ich schaffe das in 8?).

Weshalb beginne ich auf diese und ähnliche Zettelbotschaften allergisch zu reagieren? Zettel sind doch etwas Nützliches: Einkaufszettel, Spickzettel, Handzettel, … oder die Zettelwirtschaft am Bildschirm mit Informationen, die ich mir partout nicht merken kann, mit Botschaften, die ich mir beim Schreiben immer wieder vor Augen führen möchte: «Fakten statt Floskeln». Bevor ich mich vollends in diesem Text verzettle, hier meine Erklärung: Mein Ärgernis ist, dass es offenbar Mitmenschen gibt, die einen Denkzettel brauchen für Selbstverständlichkeiten. Wie war das nochmal mit der Achtsamkeit? Nur maximal 10 Sekunden und die Welt ist ein bisschen besser. Ich wünsche Ihnen einen bunten Herbst, aber denken Sie daran, sollte das letzte Blatt fallen…

Ihre Gina Hillbert


von

«Die Strategie ist so gut, wie wir sie umsetzen», bekräftigt unser Spitaldirektor Werner Kübler. In dieser Gazzetta-Reihe fokussieren wir die Umsetzung der Strategie 2020 und lassen dazu ein Spitalleitungsmitglied drei Fragen an eine Kollegin oder einen Kollegen aus dem Unispital stellen.

Prof. Dr. Jürg Steiger

In dieser Ausgabe stellt Jürg Steiger, Bereichsleiter Medizin, Fragen zur Patientensicherheit als Teil der Qualitätsstrategie des USB an René Schwendimann. Er ist als Leiter der Abteilung Patientensicherheit für die Planung und Umsetzung eines umfassenden Programms zur Weiterentwicklung der Patientensicherheit im USB zuständig.

Jürg Steiger: Unter Patientensicherheit kann man Verschiedenes verstehen. Nach welchem Verständnis arbeitet deine Abteilung?
René Schwendimann: Patientensicherheit umschreibt Hippokrates als «Zuerst, füge keinen Schaden zu», d.h. unerwünschte Ereignisse oder Schäden bei Patienten, die sich aus der Behandlung ergeben können, sollen vermieden oder es soll ihnen vorgebeugt werden. Im Alltag des USB hat Patientensicherheit viele Facetten: Medikamente müssen z.B. korrekt abgegeben und verabreicht oder Indikationen richtig gestellt werden. Kurzum: Patientensicherheit ist ein Baustein der Behandlungsqualität und das, was wir bei der Patientenversorgung tun oder unterlassen.
Jürg Steiger: Du hast in den letzten Monaten mit 187 Fachleuten auf über 40 Spitalabteilungen über Patientensicherheit gesprochen. Was hat sich dort gezeigt und was schlägst du vor, sollten wir angehen?
René Schwendimann: Die Gespräche haben gezeigt, dass sich die Fachleute verschiedenster Patientengefährdungen sowie des Handlungsbedarfs auf ihrer Abteilung bewusst sind. Zudem nutzen die Experten bereits viele Verfahren zur sicheren Patientenversorgung wie Therapiestandards oder Fallbesprechungen. Mir war es wichtig, mich mit den therapeutischen Teams über Patientensicherheit auszutauschen, bevor wir mit Entwicklungsplänen aufwarten. Aus den Gesprächen schliesse ich, dass die Patientensicherheit am USB davon profitieren würde, wenn wir Leadership auf allen Stufen fordern und fördern, die Teamarbeit stärken sowie die klinische ICT nutzerorientiert ausbauen. Meine Abteilung unterstützt dabei verstärkt durch drei Aspekte: Wir monitorisieren systematisch Daten zu Beinahe-/Ereignissen und Aspekten der Sicherheitskultur, unterstützen Massnahmen zur Verbesserung konkreter Sicherheitsrisiken, wie das USB-interne Programm «Sichere Chirurgie» zur Vermeidung von Verwechslungen, und wir fördern einen professionellen Umgang mit Themen rund um Patientensicherheit, beispielsweise nach einem Zwischenfall.
Jürg Steiger: Du hast die Sicherheitskultur im USB erwähnt. Ich nehme im Gesundheitswesen leider immer wieder die Haltung des «Fehler passieren eben» wahr. Was sagst du dazu?
René Schwendimann: Du sprichst ein wichtiges Thema an – unsere Haltung zu Fehlern und unseren Umgang damit. Studien zeigen, dass jeder zehnte Spitalpatient von einem unerwünschten kritischen Ereignis betroffen ist. Fehler können zwar passieren. Belegt ist aber auch, dass rund die Hälfte dieser Ereignisse vermeidbar wäre und Fehler Gründe haben. Und mit diesen Gründen, zu denen neben persönlichen auch Systemfaktoren wie die Teamarbeit zählen, müssen wir uns gezielt auseinandersetzen. Jeder ist dafür zuständig, Fehler zu vermeiden und aus solchen zu lernen. Und wenn wir die Gründe für die Fehlerentstehung, z.B. im CIRS, analysieren, geht es nicht um voreilige Schlüsse oder Schuldzuweisungen, sondern um eine Patientenversorgung, bei der trotz menschlicher Fehlbarkeit und Systemmängeln im komplexen Alltag nichts Gravierendes passiert. Dies ist Ausdruck einer Fehler- und Sicherheitskultur, wie wir sie uns im USB vorstellen und uns dafür einsetzen. Wir Fachleute müssen Gefahren für die Patientensicherheit im Alltag ansprechen.

Downloads


Kommentare (0)

Keine Kommentare zu diesem Artikel vorhanden. Sei die/der Erste, der diesen Artikel kommentiert.



Keine Ausgabe verpassen –
Erinnerungsservice abonnieren!