Text: Jennifer Degen, Fotografie: Pati Grabowicz
Zu später Stunde im Einsatz für Mutter und Kind
Pflegefachfrau Patricia Stöckli macht häufig Nachtdienst auf der Abteilung Frauenklinik 3.2, wo Schwangere und Wöchnerinnen mit ihren Neugeborenen betreut werden. Einblicke in das Geschehen zwischen 23.00 und 7.30 Uhr.
Während es draussen längst dunkel ist, ist für Patricia Stöckli Dienstbeginn. Als sie die Abteilung um 23 Uhr betritt, wird gerade eine Frau unter Wehen in den Gebärsaal verlegt. Ihre Schreie gehen durch Mark und Bein. Patricia Stöckli bleibt ruhig, setzt sich im Büro an den Computer und liest sich in die Akten ihrer Patientinnen ein: Fünf Wöchnerinnen mit Neugeborenen betreut sie diese Nacht. Ihre Kolleginnen – es arbeiten auf der Station ausschliesslich Frauen – informieren sie über die aktuellen Besonderheiten. Und schon klingelt es ein erstes Mal.
Guter Start ins Leben
Eine ihrer Patientinnen ist eine gehörlose Frau, die vor wenigen Stunden entbunden hat. Sie braucht Hilfe beim Anziehen ihres Kindes. Patricia Stöckli kleidet den Kleinen behutsam in einen Strampler. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigt, mit wie viel Liebe und Freude sie dies tut. «Es ist sehr wichtig, wie der Start hier bei uns verläuft», sagt sie. «Wir bringen den Eltern die grundlegenden Dinge für die Betreuung ihrer Kinder bei.» Patricia Stöckli, die einst Kinderkrankenschwester gelernt hat, arbeitet seit fast 30 Jahren auf der Station.
Am liebsten nachts
Nachts tut sie dies besonders gerne. Dann gibt es weder Visite noch Besuch und sie muss keine Termine organisieren. «Ich kann mich auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren.» Und diese ist fordernd genug. Wieder klingelt es, ein Neugeborenes hat während der Geburt viel Fruchtwasser geschluckt, läuft rot an und würgt. Patricia Stöckli dreht es zur Seite, klopft auf den kleinen Rücken und redet dem Baby liebevoll zu. Bei einem anderen Kind ist ein Stupf in die Ferse nötig, um den Blutzucker zu kontrollieren. Die Mutter ist Diabetikerin und Patricia Stöckli will sicher gehen, dass der Blutzucker des Neugeborenen stabil ist.
Pflegen und beruhigen
Um 2 Uhr morgens ist Zeit für eine kurze Kaffeepause, bis Schichtende um 7.30 Uhr muss die Pflegefachfrau noch ein paar Stunden fit sein. «Oft habe ich zwischen 4 und 5 Uhr ein Energietief», sagt sie – und schon wieder klingelt es im Stationszimmer. Eine Kollegin ruft sie zur Hilfe, eine Schwangere brauche schnell eine Infusion mit Schmerzmittel. Patricia Stöckli macht diese bereit, doch noch bevor sie fertig ist, überschlagen sich die Ereignisse: Die Frau muss sofort in den Gebärsaal. Während sie vor Wehen laut klagend in den Lift geschoben wird, kümmert sich Patricia Stöckli um deren Zimmernachbarin. Diese ist ob der Schreie der Patientin derart erschrocken, dass sie völlig aufgelöst ist. Auch da ist die ruhige Art von Patricia Stöckli Gold wert.